Sie als Unternehmer denken bitte nicht erst an die Altersvorsorge, wenn Sie bereits steil auf die 60 zugehen und ihr Rücken jeden morgen beim Aufstehen höllisch schmerzt.
Was für die normalsterblichen Angestellten gilt, sollten Sie ebenfalls beherzigen: frühzeitig unterschiedliche, goldene Nussarten sammeln und diese gut vor Fressfeinden schützen.
Der Lebenswinter is coming für jeden von uns.
Eines Tages haben Sie kein Bock mehr auf Maloche und Lust auf Dauerhängematting, oder sind schlicht körperlich so ausgezehrt, dass es nicht mehr geht.
Dann sollten Sie nicht nur genügend Leben übrig, sondern auch genügend Finanzmittel beiseite geschafft haben, damit es für ein paar Extra-Biere und einen tiefergelegten Rollator locker reicht.
The Dark Side des Unternehmertums
Bevor ich mit ihnen verschiedene Anlageklassen durchgehe, muss ich eines noch loswerden: Unternehmer ist nicht gleich Unternehmer.
Der Lebensstil, den sich ein Lidl-Gründer Dieter Schwarz oder der lange Zeit beim HSV mitregierende Multi-Milliardär Klaus-Michael Kühne leisten, könnte nicht weiter von dem entfernt sein, was ein Otto Normalverbraucher-Unternehmer im Alter erwarten darf.
Unternehmer klingt vielleicht zu großspurig und weckt bei einem Lohnabhängigen womöglich falsche Vorstellungen. Selbstständiger, Solo-Unternehmer oder gar Schein-Selbständiger trifft es besser.
Ein-Mann-Homepage-Macher, Bodenleger mit einem Azubi, gehetzter Kurierfahrer: sie alle bilden das Heer derjenigen, die auf eigene Rechnung tätig sind oder sein müssen.
Diese Unternehmer sammeln keine goldenen Nüsse im Akkord, sondern wissen im Gegenteil oft nicht, wovon sie im Alter leben sollen.
26 % verfügen über gar keine Altersvorsorge, und gemäß dem Armutsbericht 2022 des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands gehören Selbstständige zu den besonders von Armut gefährdeten Erwerbstätigen.
The Bright Side of Life: ein erfolgreiches Unternehmen
Nach diesem Exkurs in die dark side des Unternehmertums kehren wir nun ans Licht zurück. Wir schauen uns einen exemplarischen, erfolgreichen Unternehmer an.
Sagen wir “Hallo” zu Markus Meier. Er hat Informatik an der FH in Furtwangen studiert. Zusammen mit zwei befreundeten Kommilitonen gründete Markus schon während des Studiums eine Digitalagentur.
Die drei Junggründer schrubbten zwischen morgendlichen Vorlesungen und exzessiven, nächtlichen Stockwerkpartys Webdesignaufträge für Unternehmen aus der Region. Von diesen Jobs blieb einiges an Geld auf ihrem GbR-Firmenkonto hängen.
Nach dem Studium setzten die frischgebackenen Absolventen ihre Selbstständigkeit fort und wandelten die GbR in eine GmbH um.
Alle drei sind Gesellschafter-Geschäftsführer, Mitglied in der Künstlersozialkasse, und zahlen in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Die gesetzliche Rentenversicherung ist eine Säule ihrer Altersvorsorge.
Anfang Zwanzig, volle Auftragsbücher, niedrige Fixkosten, Cash, hoher IQ? Die drei ledigen Geschäftspartner und Freunde sitzen an einem Sonntag in ihrem Freiburger Büro.
Thema: Altersvorsorge. Sie wollen ihre Altersvorsorge selbst in die Hand nehmen und misstrauen verheißungsvollen Renditeversprechen von perfekt gegelten Anlageberatern.
Welche Anlageklassen gibt es?
Aktien
Mit einem Direktkauf von Aktien (stocks) würden unsere Informatiker Anteile an einem börsennotierten Unternehmen erwerben.
Eines dieser Unternehmen ist z.B. die Telekom. Das Unternehmen zahlt einen Teil ihres Gewinns in Form von Dividenden an die Anleger aus.
In schlechten Jahren fallen die Dividendenzahlungen schon mal aus. Zusätzlich zu eventuellen Dividenden können Aktienanleger von Kurssteigerungen profitieren.
Für das Realisieren von Kursgewinnen ist das Timing entscheidend, und das ist auch das Schwierigste an einem Stock Picking.
Wer rechtzeitig in Blue Chips wie Apple, Microsoft, amazon und Google investiert hätte, wäre auch mit einer kleineren Investitionssumme heute Multimillionär.
Doch die Kursschwankungen von Aktien lassen viele Anleger die Nerven verlieren.
Die selbstständige Aktienanlage ist heute im Vergleich zu den Neunzigern, wo ich bei der Sparkasse in Freiburg Lehrzeit in der Wertpapierabteilung verbrachte, ein Kinderspiel.
Börsen-Apps gibt es gefühlt wie Sand am Meer. Da lohnt ein Blick auf Vergleichsseiten, um sich nicht im Dschungel der Angebote zu verlieren. Auch über Großbanken wie die Commerzbank oder ING sind Aktieninvests “kinderleicht” möglich.
Wir Deutschen gelten eher als Aktienmuffel. Die oben erwähnte Telekom entfachte das Aktienfieber der Deutschen, denn der ehemalige Staatsbetrieb wollte mit einem Börsengang Ende 1996 mächtig Asche machen.
Dafür spannten die Telekommunisten den bekannten Schauspieler Manfred Krug vor den Werbekarren und schalteten massiv Werbespots zur besten Sendezeit.
Der Krug-Manni kaufte nächtens Aktien von seinem Schreibtisch im Wohnzimmer aus. Hält der Krug da wirklich einen Krug Milch in der Hand?
Millionen Deutsche machten es ihm jedenfalls nach und zeichneten die T-Aktie. Sichere Geldanlage? Mitnichten. Die T-Aktie wurde zum Trauma.
Immobilien
Motto: “Schaffe, schaffe, Häusle baue, und nicht nach d`Mädle schaue”.
Schon 1964 klagten diese drei fidelen, mit stylischem Hut bedeckten Musikanten über ausufernde Bürokratie und nervenaufreibende Bauphase.
Das selbst bewohnte und abbezahlte Immobilieneigentum ist sicherlich ein Herzstück einer gelungenen Altersvorsorge. In den letzten 10 Jahren sind die Preise für Immobilien stark gestiegen.
Und trotzdem war für viele Menschen dank historisch sehr niedriger Darlehenszinsen der Traum von den eigenen vier Wänden noch realisierbar.
Jetzt liegen die Immobilienkreditzinsen um die 4 %, bei immer noch hohen Betonpreisen aufgrund von vor allem in den Metropolregionen fehlenden Wohnungen, sowie zudem stark gestiegenen Baukosten.
Ein perfekter Sturm für jemand, der nicht gerade den legendären Geldspeicher von Dagobert Duck entdeckt hat.
Unsere drei Modelljungs bewohnen zusammen eine 3-Zimmer-Wohnung zur Miete in der Altstadt. In dieser Arbeiter-WG werden sie wohl noch eine Weile leben bleiben. Gedrittelt ist die astronomische Miete noch erträglich.
Von offenen oder geschlossenen Immobilienfonds lassen sie auch erst einmal die Finger, zumal bei geschlossenen Immobilienfonds eine Zeichnung oft erst ab 10.000 € möglich ist.
Geldmarktinstrumente
Damit kennen sich unsere drei Webdesigner schon etwas aus. Die Firmenrücklagen in Höhe von 25.000 € liegen auf einem Tagesgeldkonto.
Das Risiko eines Totalverlusts ist gleich Null. Ihre Hausbank, die Sparkasse Freiburg Nördl. Breisgau, ist Einzahler in den gesetzlichen Einlagensicherungsfonds. 100.000 € sind gedeckelt.
Markus hat neben seinem privaten Girokonto auch ein Tagesgeldkonto eröffnet. Auf dem liegen 20.000 €. 0,5 % Zinsen zahlt ihm die Bank für diese überschüssigen Piepen.
Um das neue E-Bike für den Weg ins Büro zu bezahlen, überweist er 3.000 € auf das Girokonto. Von dem Tagesgeldkonto direkt kann er keine Überweisungen tätigen.
Zudem besitzt er dank einer großzügigen Schenkung von Tante Hilde ein Festgeldkonto, das mit 30.000 € bestückt ist.
Er hat das Geld für 2 Jahre angelegt und bekommt dafür 2 % Zinsen p.a. Die 600 € Zinsertrag aus dem ersten Jahr spart er auf dem Festgeldkonto an.
Am 30.6.2023 läuft die Festgeldanlage aus und das Geld steht ihm wieder zur freien Verfügung.
Sicherheit. Niedriges Verlustrisiko. Eingeschränkte Verfügbarkeit bei der Festgeldanlage.
Wer auf Nummer sicher gehen will und den Kaufkraftverlust seines Geldes durch die Inflation ausblendet, der findet mit Geldmarkinstrumenten ruhig in den Schlaf.
Das Festgeldkonto so richtig berühmt gemacht hat übrigens der umstrittene Bayern-Macher Uli Hoeneß.
Der sprach immer von dem Festgeldkonto des FC Bayern, wenn es um Spielerkäufe ging. Ob er in Wahrheit die täglich verfügbaren Millionen auf dem Bayern-Tagesgeldkonto meinte?
Ein eher lockeres Verhältnis zu Geldfragen machte ihn schließlich mit dem Essen der JVA Landberg bekannt.
Ulis Termingeschäfte empfehle ich ausdrücklich nicht für die Altersvorsorge.
Unseren drei Jungunternehmern brummt langsam der Schädel vor lauter Anlagekram. Sie machen Mittag und gehen auf dem Münstermarkt eine lange Rote mit Halb (für Nicht-Freiburger: eine Grillwurst, halbiert auf das Brötchen gelegt und mit Zwiebeln garniert) essen. Die übrigen Anlageklassen wollen sie sich nach der Mittagspause nur noch kurz anschauen. Schließlich wartet um 15:30 die Bundesliga-Konferenz in der Kneipe um die Ecke auf sie.
Anleihen, Rohstoffe, Kryptowährungen und van Goghs
So eine Firma wie die Telekom kann auch durch die Ausgabe einer Anleihe Geld am Kapitalmarkt beschaffen. Die Anleihe ist ein festverzinsliches Wertpapier mit einer festen Laufzeit und i.d.R. festgelegten Zinsen.
Innerhalb der Laufzeit können die Anleihenkurse schwanken und somit auch Kursgewinne realisiert werden. Der Zinssatz hängt wesentlich von der Bonität des Emittenten ab und ist ein Risikoindikator.
Staatsanleihen von Argentinien mögen zwar Erinnerungen an den letzten Weltmeister wachrufen und hoch verzinst sein, sind aber aufgrund der wackeligen Zahlungsfähigkeit des südamerikanischen Staates eher etwas für Zocker.
Rohstoffe? Da fällt einem als erstes vielleicht Gold ein. Kreativere Verwendungen für das Sehnsuchtsmetall als die Lagerung eines Goldbarrens unter dem Bett, zeigt uns der Bösewicht aus Goldfinger:
Gold? Markus denkt lieber an die Investition in drei Lindt-Goldhasen zu Ostern.
Bei Silber kommt ihn vielleicht ein Ring für seine Freundin in den Sinn, aber sicher nicht die physische Aufbewahrung von Silber in einem Tresor einer Schweizer Bank.
Und in der WG geht es mehr um Bölkstoffe als um Rohstoffe.
Kryptowährungen. Steckt schon kryptisch im Wort drin. Dann doch lieber mit imperialen Credits bezahlen und in der Mos Eisley Bar einen Cocktail schlürfen.
Bilder und sonstige Kunstgegenstände? Die Jungs sind Anfang 20 und stehen am Beginn ihrer Berufslaufbahn. Zuletzt dekorierte Markus für 24 € eine Wand seines WG-Zimmers mit dem Filmposter von The Big Lebowski. So viel zum Thema Bilder.
Fazit
Das wichtigste Asset habe ich als Anlageklasse gar nicht aufgeführt. Ihre Digitalagentur, ihre Fähigkeit durch fleißiges und geschicktes unternehmerisches Handeln Gewinne zu erzielen.
Jetzt wo Markus und seine zwei Buddies noch Berufsneulinge sind, sollten sie sich vielleicht erst einmal auf monatliche Sparpläne (nur Aktien, ETFs, Mischfonds) fokussieren.
So können sie schon z.B. ab 50 € monatlich an den Wertentwicklungen am Aktienmarkt teilhaben.
Wenn das Geschäft brummt und größere Summen aus einer Gewinnausschüttung anzulegen sind, kommt Markus sicher auf mich zu.
Die Kohle von Tante Hilde soll er mal auf der hohen Kante belassen. In einem Unternehmerleben muss es nicht immer nur aufwärts gehen.
Ein paar goldene Nüsse mehr auf dem Konto, als das ein verbeamteter Lehrer braucht, ist eine wirkungsvolle Beruhigungspille für stürmischere Zeiten.
Quellen
verbraucherzentrale, Private Altersvorsorge, 21.3.23
Handwerksblatt, Vielen Selbstständigen droht Altersarmut, 21.3.23
weltsparen, Assetklassen, 22.3.23
Finanztip, So vermeidest Du Geldsorgen im Alter, 21.3.23
Der paritätische Gesamtverband, Armutsbericht 2022, 21.3.23
Dagobert Duck Giphy, 22.3.23