Online-Shops, die ihren Kunden…
…ein bestmögliches Einkaufserlebnis bieten wollen, setzen heute neben der klassischen hierarchischen Navigation durch den Katalog vermehrt auf innovative Formen der Navigation, wie beispielsweise der sogenannten facettierten Navigation. Sie ermöglicht es dem Kunden, sich ganz neue Wege durch das Sortiment zu bahnen, und laden dadurch zum Stöbern ein.
Leider ist die facettierte Navigation aus SEO-Sicht nicht unproblematisch. Gerade weil sie immer wieder dieselben Produkte nach unterschiedlichen Kriterien zusammenstellt, neigt sie dazu duplicate content zu produzieren. Diesem Thema widmet sich der SEO-Consultant Nicolas Schmidt-Voigt in diesem Gastbeitrag. Nach einem kurzen Überblick über die Funktion der facettierten Navigation wird er Ihnen einige Probleme und Lösungen aufzeigen, die sich aus SEO-Sicht ergeben…
Hierarchische Navigation vs. facettierte Navigation
Der klassische Online-Shop verwendet eine hierarchische Navigation, um den Besuchern sein Sortiment zu präsentieren. Dazu werden mehrere Kategorien gebildet und hierarchisch angeordnet.
Zuoberst liegen die allgemeinsten Kategorien, die anschließend immer wieder verfeinert werden. Auf der untersten Ebene liegen schließlich die einzelnen Produkte. So kann ein Online-Shop für Mode beispielsweise auf oberster Ebene zwischen Damen- und Herrenmode, darunter nach einzelnen Arten von Kleidungsstücken und schließlich noch einmal nach speziellen Varianten unterscheiden. Eine kurze Hose für Herren findet sich dann in der Kategorie „Katalog -> Herrenmode -> Hosen -> Kurze Hosen“.
Diese klassische Herangehensweise hat den Nachteil, dass sie Produkte nur gemäß ihrer Produktart sortiert, aber ignoriert, wie die Nutzer selbst nach den Produkten suchen. Nutzer suchen beispielsweise auch nach Farbe, Preis, Material und Ausführung. Um solche Aspekte zu berücksichtigen bieten immer mehr Shops daher eine facettierte Navigation an.
Bei der facettierten Navigation werden dem Nutzer verschiedene Aspekte der gesuchten Produkte angeboten, die er jeweils genauer bestimmen kann. So wählt der Nutzer beispielsweise die Farbe, nach der er sucht, grenzt den Preis ein, bestimmt das Material und wählt ein Modell. So kann er beispielsweise nach allen Hemden aus Baumwolle suchen, die rot oder blau sind und zwischen 20 und 35 Euro kosten. Wenn er seine Auswahl weiter eingrenzen oder breiter machen will, wählt er einfach weitere Aspekte dazu oder bereits gewählte Aspekte wieder ab.
Wie die facettierte Navigation Suchmaschinen verwirrt
Für die Besucher bietet die facettierte Navigation viele Vorteile. Sie können mit ihr viel freier nach passenden Produkten suchen als über die klassische hierarchische Kategorisierung. Diese Freiheit stellt sich aber als Problem dar, wenn es darum geht, das Angebot des Shops durch Suchmaschinen erfassen zu lassen.
Durch die vielfältigen Möglichkeiten verschiedene Aspekte und Ausprägungen miteinander zu verknüpfen, trifft der Crawler immer wieder auf neue Seiten, die sich in der Auswahl der Produkte nur minimal unterscheiden. Hierdurch kann es zu den bekannten duplicate content Problemen kommen.
Werden beispielsweise fünf Farben, sechs Produktarten und vier Materialien angeboten, gibt es bereits 5 x 6 x 4 = 120 Möglichkeiten, die Produkte zusammenzustellen (wenn von jedem Aspekt nur eine Ausprägung gewählt werden darf, andernfalls sogar noch mehr).
Da sich die Zielseiten aber nur gering voneinander unterscheiden, stellen sie für den Crawler duplicate content dar. Im SEO-Konzept für den Shop muss man dieses Problem berücksichtigen und eine Gegenstrategie entwickeln.
Mögliche SEO Lösungen für die Probleme mit der facettierten Navigation
Für die Probleme, die im Zusammenhang mit der facettierten Navigation auftreten können, gibt es mehrere Lösungsmöglichkeiten:
Facetten nicht indizieren lassen
Häufig werden die hierarchische Navigation und die facettierte Navigation gemeinsam genutzt. Die Facetten dienen dann als zusätzliche Suchfilter, um die Auswahl der Produkte innerhalb der aktuellen Kategorie einzugrenzen. In diesem Fall bietet es sich in der Regel an, nur die Kategorie als Ganzes indizieren zu lassen, nicht aber die eingeschränkte Auswahl. Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Per canonical-Link:Auf allen Produktübersichtsseiten wird im <head>-Bereich ein canonical-Link zur unveränderten Übersicht für die Kategorie gesetzt. Google crawlt dann zwar auch alle eingeschränkten Übersichtsseiten, indiziert aber nur die URL der Kategorie.Hat man zum Beispiel die Kategorie:
http://www.example.com/damen/kleider
und als eingeschränkte Ansichten:
http://www.example.com/damen/kleider?color=red und
http://www.example.com/damen/kleider?prize_min=70&prize_max=150 dann würden alle drei Produktlisten folgendes Tag im <head>-Bereich enthalten:<link rel=“canonical“ href=“
http://www.example.com/damen/kleider“>
- Per Robots-Meta-Tag: Mit Hilfe des Robots-Meta-Tag kann man Google signalisieren, dass die Suchmaschine eine eingeschränkte Übersichtsseite nicht indizieren soll. Hierfür enthält jede eingeschränkte Kategorieseite im <head>-Bereich das Tag: <meta name=“robots“ content=“noindex, follow“>. Den Links auf ihr wird dann zwar noch gefolgt, die Seite selbst wird aber nicht indiziert.Im Vergleich mit der vorherigen Lösung hat diese Lösung den Nachteil, dass die Linkpower, der eingeschränkten Übersichtsseiten nicht genutzt wird, um die ursprüngliche Kategorieseite zu stärken. Durch den canonical-Link würde nämlich die gesamte Linkpower auf die Kategorieseite übertragen werden, während sie durch die noindex-Angabe, einfach verloren geht und nur noch im Zuge der üblichen Linkpower-Vererbung an die Unterseiten weitergegeben wird.
- Per robots.txt: Die beiden vorangegangenen Möglichkeiten haben den Nachteil, dass die Seiten zwar nicht indiziert werden, der Crawler sie aber dennoch abrufen muss, bevor er den canonical-Link findet, beziehungsweise das Robots-Meta-Tag. Da man aber bekanntlich die Zeit des Crawlers nicht verschwenden soll, bietet es sich in vielen Fällen sogar an, ihn von modifizierten Übersichtsseiten komplett fern zu halten. Hierfür kann man die robots.txt nutzen, in der man für jeden Parameter der facettierten Navigation eine Zeile hinzufügt:User-Agent:*
Disallow: /*prize_min=
Disallow : /*prize_max=
Disallow: /*color=
Disallow : /*size=Usw.
Auf diese Weise ruft der Crawler keine URLs unnötigerweise ab. Dieses Vorgehen hat allerdings den großen Nachteil, dass die Linkpower der URLs komplett verloren geht.
Facetten mit Bedacht indizieren lassen
Falls neben der facettierten Navigation keine hierarchische Navigation über verschiedene Kategorien genutzt wird oder besonders auch auf Longtail-Keywords (Kategorie + Aspekt der facettierten Navigation) gesetzt wird, können einzelne eingeschränkte Übersichtsseiten auch indiziert werden.
Wer beispielsweise eine Kategorie „Damenkleider“ hat, aber auch für Keywords wie „Damenkleid Rot“, „Damenkleid Grün“, „Damenkleid Lang“ etc. ranken will, erlaubt bei einzelnen Facetten wieder die Indizierung. So können eine Vielzahl von Landingpages für Begriffe aus dem Longtail erzeugt werden. Dabei muss aber darauf geachtet werden, dass die entsprechenden Seiten auch wirklich als Landingpages geeignet sind. In jedem Fall müssen sie einen angepassten Title erhalten und auch die dargestellten Produkte sollten wirklich gut zu dem anvisierten Keyword passen. Im besten Fall, kann ihnen auch noch ein eigener kurzer Kategorietext hinzugefügt werden.
Gibt es gar keine Kategorien, nach denen die Produkte sortiert werden, sondern nur Facetten, muss vor allem darauf geachtet werden, nur bestimmte Facetten und Kombinationen von Facetten indizieren zu lassen. Hat man beispielsweise in einem Modeshop die Aspekte „Material“, „Farbe“, „Schnitt“, sollte man sich entscheiden, ob man alle oder nur einige Aspekte einzeln indizieren lässt (z.B. nur nach Schnitten, nicht aber Farben), ob man Kombinationen (z.B. Material + Farbe) indizieren lässt und wie viele Aspekte auf einer indizierten Seite maximal kombiniert werden dürfen (z.B. Material + Schnitt oder Material + Farbe, aber nicht Material + Farbe + Schnitt). In jedem Fall gilt auch hier für jede Seite, dass sie einen individuellen aussagekräftigen Title und am besten auch einen eigenen Kategorietext benötigt.
Fazit
Jeder Shop benötigt ein eigenes Konzept. Eine mit Bedacht eingesetzte facettierte Navigation stellt sicherlich eine gute Möglichkeit dar, die Usability eines Shops zu erhöhen. Dass dabei aus SEO-Sicht Probleme entstehen können, spricht nicht grundsätzlich dagegen, diese Form der Navigation einzusetzen. Die potentiellen Probleme müssen aber erkannt und gelöst werden.
Ich habe hierfür einige Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt. Da Online-Shops durch facettierte Navigation aber noch einmal individueller werden als sie es sowieso schon sind, kann es keinen Königsweg geben, der alle gleichermaßen ans Ziel führt. Die Lösungen müssen daher in jedem Fall individuell an die jeweiligen Gegebenheiten angepasst werden.
Über den Autor
Nikolas Schmidt-Voigt arbeitet als Consultant SEO für die dmc digital media GmbH. Hier betreut er vor allem Kunden aus dem Bereich e-Commerce. Zusammen mit seinen Kollegen schreibt er zudem über Themen rund um Online-Marketing, e-Commerce und digitalen Handel unter www.kawumba.de.