Kannst du dich noch an die Glanzzeiten des universellen Code-Editors Sublime Text erinnern? Vor drei bis vier Jahren galt die Software, die es für Windows, Mac OSX und Ubuntu gibt, als nahezu alternativlos und konnte sich vor Lobpreisungen kaum retten. Dann sank ihr Stern und es wurde ganz ruhig um den einstigen Hoffnungsträger. Jetzt scheint Sublime Text der Phönix sein zu wollen, der aus der Asche steigt. Ich bin gespannt.
Ein Editor mit ungewohnten Features
Selbst ohne Erweiterungen hat Sublime Text 2 schon einige nette Features zu bieten. Wer gerne einen der Urväter der Editoren nutzt, könnte zum Beispiel den “Vintage Mode” aktivieren. Diese Option bietet die Möglichkeit, Sublime Text 2 wie den guten alten VIM zu nutzen. Wer diesen bisher noch nicht verwendet hat, sollte sich von der etwas schwierigen Eingewöhnungsphase nicht abschrecken lassen. Es lohnt sich auf jeden Fall, denn man kann dafür in Zukunft während der Entwicklung die Maus beiseite legen. Wer den “Vintage Mode” nicht nutzen möchte, kann zumindest viele Shortcuts bzw. Key Bindings von Sublime Text 2 nutzen. Diese lassen sich sogar in den vielen Konfigurationsdateien relativ komfortabel und unkompliziert auf die eigenen Bedürfnisse anpassen.
Ein weiteres, sinnvolles Feature sind “Split Windows”. Ein Feature, dass man ebenfalls vom VIM kennt, aber ansonsten selten eine so einfach Umsetzung in anderen Editoren gefunden hat. Damit ist es möglich, 4 Dateien in einem Editor zu öffnen, ohne dabei die Übersicht zu verlieren. Über "View -> Layout"
kann ausgewählt werden, welche Anzeige man bevorzugt. Mittels "control + Nummer des Fensters"
(also 1, 2, 3 oder 4 bei 4 Fenstern) kann man ohne Maus zwischen den Fenstern wechseln.
Es gibt allerdings auch Befehle, die für regelrechte “AHA-Effekte” sorgen. Ein Beispiel: Befindet sich der Cursor in einem Wort und man drückt den Befehl "cmd + d"
(auf Plattformen ohne Apfel ist es "control + d"
) werden nicht nur das Wort, sondern auch alle Stellen mit dem selben Wort im Dokument markiert. Das ist etwa dann großartig, wenn man die Bezeichnung einer Variablen ändern möchte. Mit dem Befehl "ctrl+shift+(up oder down)"
wählt man mehrere Zeilen zum Markieren aus. Zeilen zu bewegen, kann schon manchmal ganz schön nervig sein. Sublime Text 2 hat hierfür eine Lösung. Mittels "ctrl+cmd+(up oder down)"
kann eine markierte Zeile nach unten oder oben verschoben werden.
Erweiterungen in hoher Quantität und Qualität
Wie versprochen, will ich noch ein paar nützliche Erweiterungen für Sublime Text 2 nennen. Standard in vielen Editoren ist mittlerweile “ZenCoding“. Verkürzt gesagt geht es hierbei darum, für kompliziertes HTML-Markup nur noch eine Zeile zu schreiben, um die Syntax kümmert sich der Editor dann selbst. Die Erweiterung “Tag” bietet ebenfalls einige Erleichterungen in Bezug auf die Entwicklung von HTML-Code. Bei Tag geht es, wie der Name bereits verrät, vor allem um HTML-Tags und das vereinfachte Bearbeiten von Inhalten in diesen oder auch das automatische Schließen geöffneter Tags. Das kann sehr hilfreich sein, da Sublime Text 2 hier von Haus aus kaum Unterstützung bietet.
Als Webdesigner kennt man auch das momentan noch vorhandene Prefix-Problem mit neuen Attributen aus der CSS3-Spezifikation. Doch dank der Erweiterung “Prefixr” benötigt man in Zukunft nur noch die Version für einen Browser oder die Standard-Spezifikation und Prefixr kümmert sich darum, die restlichen Abhängigkeiten einzufügen.
Das Erscheinungsbild von Sublime Text 2 lässt sich ebenfalls mit Hilfe von Paketen verändern. Empfehlenswert ist hierbei vor allem das “Soda“-Theme. Mittels “SideBarEnhancements” erweitert man die Toolbar von Sublime Text 2 um einige nette Features. Darüber hinaus gibt es Erweiterungen für viele speziellere Anforderungen. Mit Hilfe von “Shell-Turtlestein” führt man aus Sublime Text 2 heraus Shell-Befehle aus. In Zusammenarbeit mit der Chrome-Extension wird der obligatorische Reload einer Seite im Browserfenster zukünftig automatisch von der Erweiterung “LiveReload” erledigt.
Abschließend seien hier noch die Erweiterungen “SublimeCodeIntel“, welches für die nötige Intelligenz zum Autocomplete bei der Code-Eingabe sorgt und “SublimeHttpRequester“, das den Nutzer aus Sublime Text 2 heraus GET- und Post-Requests senden lässt.
Weitere Einstiegshilfen zu Sublime Text 2
Es dürfte deutlich geworden sein, dass Sublime Text 2 ein großer Baukasten ist, aus dem man sich seine gewünschte Umgebung zusammen basteln kann und auch muss. Zu diesem Thema gibt es viele Einstiegshilfen. Zum Beispiel eine große Screencast-Serie auf Englisch von Jeffrey Way. Darüber hinaus steht eine große “inoffizielle” Dokumentation, die aber von den Entwicklern empfohlen wird, bereit.
Ein abschließendes Fazit zu Sublime Text 2
Nachdem ich Sublime Text 2 in den letzten Wochen immer wieder getestet habe, bin ich davon überzeugt, dass die Nutzergemeinde noch weiter wachsen wird. Für mich persönlich fehlen aber einige Dinge. Einstweilen will ich das Sublime Text 2 nicht anlasten. Wahrscheinlich liegt es eher daran, dass ich die dazu passenden Erweiterungen noch nicht gefunden habe, obwohl sie bestimmt bereits existieren.
Sublime Text 2 steht in Versionen für Mac OS X, Windows 32 und 64bit, sowie Linux, ebenfalls in 32 und 64bit zum Download bereit. Hat man sich nach einer frei zu definierenden Testphase vom Nutzen des Programms überzeugen können, wird eine Lizenz fällig. Diese schlägt mit 59 USD zu Buche, bezieht sich dabei aber auf einen User. Wenn Sie also ein MacBook, einen Windows-PC und einen Linux-Desktop haben, können Sie dennoch mit 59 USD alle drei Maschinen bestücken.
Dieser Text entstand schlussendlich unter Nutzung der Markdown-Unterstützung von Sublime Text 2.
Sublime Text: Aufstieg und Niedergang
Sublime Text war einmal der Lieblings-Editor des Dr. Web-Teams. Unzählige Texte sind unter Verwendung des universellen Code-Editors entstanden. Peter Müller erklärte an dieser Stelle, wie sich Sublime Text mit Markdown nutzen lässt und befand sogar, dass es sich in dieser Kombination um ein Dreamteam handelte. Auch Entwickler Sven Schannak stellte Sublime Text ein gutes Zeugnis aus.
Bis 2013 schien Sublime Text auf dem aufsteigenden Ast zu sein. Dann kam Sand ins Getriebe, als mit der vollständig neuen Version 3 versucht wurde, neue Wege zu gehen. Die wenigen Neuerungen der Version 3 gegenüber der Version 2 waren vielen Nutzern den doch recht happigen Update-Obolus nicht wert. Zudem stieß die Inkompatibilität zu den Erweiterungen für die Version 2 nur auf ganz wenig Verständnis. Immerhin sind es gerade die Erweiterungen, die die Leistungsfähigkeit und den darauf basierenden Erfolg des Editors geschürt haben.
Und so dümpelte Sublime Text 3 mehr oder weniger unbeachtet vor sich hin, während die Version 2 weiterhin die erfolgreichere Variante blieb. Bis heute kann man die Version 2 downloaden und nutzen. Das letzte Update sah diese Version allerdings am 8. Juli 2013, also vor fast drei Jahren. Sublime Text 3 blieb in der Beta stecken und hat diesen Status bis zum heutigen Tage nicht verlassen. Die Update-Frequenz war enttäuschend. Zuletzt erhielt der Editor am 26. März 2015, mithin vor fast einem Jahr ein Update, das man ehrlicherweise eher als Bugfix bezeichnen muss.
Sublime Text: Rückkehr eines Totgeglaubten
Gestern dann machte Sublime-Text-Mastermind Jon Skinner mit einem unscheinbaren Blogeintrag von sich reden, obwohl dieser vordergründig bloß ein weiteres Update des Editors verkündigen sollte. Man könnte also sagen, das sei nichts besonderes. Immerhin gab es diese sporadischen Mikro-Updates immer wieder mal.
Dass dieses Mal alles anders sein könnte, lässt sich jedoch zwei weiteren Informationsschnipseln aus dem genannten Blogeintrag entnehmen. Zum einen begrüßt Skinner darin ein weiteres Team-Mitglied und zum anderen eröffnet er ein neues Forum. Beides spricht nicht für die Fortführung der bisher eher als lethargisch zu bezeichnenden Innovationsgeschwindigkeit.
Inhaltlich kann das neue Update mit einem deutlich verbesserten Syntax-Highlighting aufwarten. Skinner scheint sich auf die vormaligen Stärken zu besinnen. Hoffen wir gemeinsam, dass es sich nicht bloß um ein Strohfeuer handelt. Ich würde mich freuen, sollte es Sublime Text gelingen, zu alter Stärke zurück zu kehren.
Hier geht es zum Download, der nach wie vor für die Plattformen Windows, Mac OSX und Ubuntu bei identischer Funktionalität geboten ist.
5 Antworten
Ich konnte den Hype um Sublime Text zu diesem Preis nie nachvollziehen.
Mir geht es auch so, konnte den Hype noch nie nachvollziehen. Es gibt viele verschiedene Editoren mit unterschiedlichen Schwerpunkten, für jeden Bedarf ist etwas dabei – oft sogar kostenlos. Mein Favorit ist seit Jahren Komodo, auch erhältlich für Linux, Mac und Windows, als kostenloser Editor oder als kostenpflichtige IDE.
Mir gefällt vor allem das Packages-Konzept. Damit ist der Editor nahezu grenzenlos flexibel und individuell um Features erweiterbar. Das bietet mir so kein anderer.
Geht mir genauso. Jeder Editor hat so seine Vor- / Nachteile. Was ich aber nie verstehen werde, warum moderne Editoren nicht auf Performance getrimmt werden. Bestes Bsp. ist Atom. Versuch dort mal einfach nur den Reddit-Startenseiten-Quelltext einzufügen. Das Ding friert sofort ein, weil es nicht mit langen Zeilen klar kommt. Da kann ich nur den Kopf schütteln.
@Dieter Petereit: Naja, es gibt sogar weitaus ältere Editoren, die vieles in der Richtung schon bieten. z.B. Emacs 🙂 Ich war da zwar vorher skeptisch, da ich von VIM extrem begeistert war. Aber was alles in Emacs möglich ist und diese ganzen Major-Modes(Org-Mode, Occur, etc.) die einen viel Arbeit ersparen.
Als Frontendentwickler bevorzüge ich Brackets, alternativlos.