Was kostet die Arbeit? Entscheidend ist eine realistische Kalkulation, die durch laufende Kosten und den Markt beeinflusst wird. Eine einfache Formel gibt es nicht. Zu viele Variablen bestimmen das Geschäftsleben, doch zumindest können einige unbekannte ausgeschlossen werden.
Den Preis bestimmt der Markt
Zumeist startet man mit der Analyse der Konkurrenz. Was andere für ihre Leistungen und Produkte bekommen, welcher Stunden- oder Tagessatz verlangt wird, könnte ein erster Ansatzpunkt sein, doch differiert oft das Leistungsspektrum unter gleicher Flagge. Eine Lösung bietet GULP. Als Marktführer in der Vermittlung von IT-Projekten hat man dort genügend Know-how gesammelt, um neben der reinen Auftragsvergabe auch Informationen zum üblichen Stundensatz geben zu können. So ermittelt der GULP Stundensatz Kalkulator den Schnitt branchengängiger Stundensätze. Viele werden bei diesen freudig die Augen aufreißen, doch darf man den Stundensatz eines Selbstständigen nicht mit dem eines Angestellten vergleichen.
GULP bietet einen Stundensatz-Kalkulator
Der große Graben
Die Kluft zwischen den gezeigten Beträgen ist deutlich, lässt sich aber erklären. Der Arbeitgeber zahlt einen Teil der Sozialbeiträge wie Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung, stellt Arbeitsplatz und Material zur Verfügung und zahlt auch bei Urlaub oder Krankheit. Möchte der Selbstständige diese Vorteile genießen, muss er sich entweder selbst versichern oder entsprechende Rücklagen bilden. Es kommen also weitere Lebenshaltungs- und Betriebskosten hinzu. Zusammen bilden diese die Gesamtkosten, die geteilt durch die möglichen Arbeitsstunden den Stundensatz ergeben. Eine einfache Rechnung, wenn nicht Krankheit oder ein leerer Terminkalender dazwischen kommen.
Elegant kann man diese Variablen mit Hilfe des Online-Kalkulators des DGB-Bildungswerks NRW mit einbeziehen. Nach der Eingabe des gewünschten Einkommens, der Ausgaben für die Krankenversicherung und Altersvorsorge sowie der Urlaubstage und Arbeitsstunden wird der benötigte Jahresumsatz und daraus der Tagessatz berechnet. Bei der Auslastungsquote sollte man von 70% statt von 80% ausgehen, also beim unternehmerischen Ausfallrisiko 30% eingeben. Übrigens: Das Wunscheinkommen könnte man realistischer als Mindesteinkommen betiteln. Der Kalkulator steht auch als Excel-Datei zum Download bereit.
Schnell zum Stundensatz
Kalkulation frisch halten
Die Kalkulation muss laufend angepasst werden. So wird der Unternehmensgründer feststellen, dass die tägliche Arbeitszeit nicht gleichzusetzen ist mit der Zeit, die man berechnen kann. Die Kundenakquisition, die Buchführung, die Recherche und Weiterbildung – all das kostet Zeit, die man einberechnen muss. Auch die Umsatzsteuer darf nicht vergessen werden. Den Unternehmer wird das zwar kaum interessieren, da er den Betrag durch die „Vorsteuer“ ausgleichen kann, doch dem Endkunden fehlt diese Option.
Je genauer der Zeitaufwand und die geleistete Arbeit den Einnahmen gegenüber gestellt wird, desto genauer kann auch die Kalkulation erfolgen. Neben der Buchhaltung mit Schwerpunkt auf das „Finanzielle“, sollte auch ein Zeiterfassungssystem eingesetzt werden, wie es zum Beispiel PHProjekt anbietet, das auch die Projekt-bezogene Zuweisung von Arbeitszeit und die monatliche Listendarstellung mit Summenbildung unterstützt. Wer seinen Zeitaufwand protokolliert, erkennt den Gegenwert geleisteter Arbeit.
Umsatz ist nicht gleich Gewinn
Gefürchteter Festpreis
Nicht selten fragt der Kunde gleich zu Anfang eines Gesprächs nach einem Preis, etwa für die Erstellung einer Website, den er gerne als Festpreis im Auftrag sehen würde. Da man nicht ohne weitere Informationen zum Projekt diese Summe nennen kann, sollte man über ein Vergleichsprodukt mit der geleisteten Arbeit und dessen Gegenwert reden. So gewinnt man Zeit für die wichtigen Fragen: Was möchte der Kunde und welchen Betrag ist er bereit dafür zu investieren?
Denn ohne Grundkonzept kann man nicht kalkulieren. Im Rahmen des Voranschlags kostet die Konzeptionierung Zeit und somit Geld. Diese Leistung könnte also verrechnet werden. Das macht auch Sinn, da bei einer Ablehnung der Kunde mit dem groben Konzept die Konkurrenz erfreuen kann, die so weniger Arbeit hat. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW, ehemals DMMV) empfiehlt deshalb grundsätzlich eine Berechnung. Leider wird dieser Empfehlung eher selten gefolgt, so dass der Kunde davon wohl eher abgeschreckt wird. Verständnis sollte man nicht erwarten, sondern abschätzen, ob man schon vor dem Vertragsabschluss Arbeit investieren möchte.
Die Erfahrung beantwortet die Frage, wie viele Stunden das Projekt benötigt und was man im Kostenvoranschlag festhält. Wichtig ist, dass dieser so genau wie möglich künftige Leistungen aufschlüsselt. Die müssen vom Kunden abgesegnet werden, um spätere Wünsche eigens in Rechnung stellen zu können. Wem es an Erfahrung mangelt, dem empfehlen wir den Leitfaden zur Kalkulation von Multimedia-Projekten. Das Grundlagenwerk liefert ein umfassendes Basiswissen für die Kalkulation von Projekten in den einzelnen Projektphasen. Der iBusiness Honorarleitfaden aus gleichem Hause basiert auf einer Auswertung der Stundensätze von mehreren hundert Agenturen und Produzenten. Er bildet damit eine weitere Kalkulationsgrundlage.
BVDW sammelt die Marktzahlen der Internet-Branche
Die beste Kalkulation ist keine Erfolgsgarantie. Der Kunde wird auch weiterhin von anderen Dienstleistern einen Kostenvoranschlag erhalten. Es bleibt also ein Drahtseilakt, doch kann man mit dem nötigen Selbstbewusstsein zu seinen Preisen stehen. ™
Erstveröffentlichung 27.12.2005