Die Macher der beliebten Bugtracker-Lösung Bugherd aus Australien treten mit einer neuen Lösung an, um den Alltag vernetzter Teams weiter zu optimieren. insbesondere bei den Abläufen für Webagenturen. Das neue Produkt hört auf den sprechenden Namen “Stack”, was zu deutsch Stapel bedeutet und ziemlich gut das Bedienprinzip beschreibt. Stack ist ein Vertreter der an Popularität gewinnenden Kanban-Board-Systeme. Der derzeit populärste Repräsentant dieser Technik dürfte wohl das unseren Leserinnen und Lesern wohlbekannte Trello sein. Tatsächlich sind die Ähnlichkeiten frappierend. Wir haben uns Stack einmal näher angesehen…
Stack: Cloud- und Teambasierte Projekt- und Aufgabenverwaltung
Stack ist eine Software as a Service, läuft also vollständig cloud-basiert im Browser, wobei alle mir verfügbaren modernen Browser klaglos mit dem Dienst funktionierten. Leider gibt es (noch) keine Apps für Mobilgeräte. Zur Ehrenrettung muss man sagen, dass Stack sich auf Mobilgeräten vollständig responsiv verhält, so dass die Verwendung des Dienstes mit Mobilbrowsern jedenfalls möglich ist. Freude kommt dabei allerdings nicht auf.
Um Stack nutzen zu können, legen Sie schnell und ohne viel von sich preisgeben zu müssen einen Account an. Name, E-Mail-Adresse und Passwort reichen aus, um den Testzeitraum in Gang zu setzen. Nach einer Kreditkarte wird zu diesem Zeitpunkt noch nicht gefragt. Ihre Projekte werden unter der Subdomain ihrgewaehltername.getstack.io
verwaltet.
Sie haben richtig gelesen. Stack ist ein kommerzielles Produkt, eine kostenfreie Variante, wie etwa bei Trello, gibt es nicht. Mit der Erstregistrierung erhält man jedoch einen Testzeitraum von 30 Tagen, innerhalb dessen man sich vom Leistungsumfang des Dienstes überzeugen kann. Der Zeitraum ist völlig ausreichend bemessen. Das System ist so einfach im besten Sinne, dass Sie schon nach einem halben Tag intensiverer Nutzung wissen können, ob Sie das Produkt erwerben wollen, oder eben nicht.
Die Preisgestaltung ist absolut überschaubar. Es gibt genau einen Betrag, den Sie sich merken müssen, nämlich den Betrag von 5 Dollar. Fünf Dollar pro Nutzer und Monat kostet Stack und liegt damit auf ähnlichem Level wie der kostenpflichtige Wettbewerb. Kleiner Wermutstropfen für Fans der deutschen Sprache: Stack gibt es nur auf englisch.
Gut mit Blick auf die Abrechnungsmodalitäten ist, dass man bei Stack aus dem Hauptaccount heraus für alle Teammitglieder zahlen kann. So muss sich nicht jeder einzeln anmelden und um Zahlungsoptionen kümmern. Das freut schon kleinere Unternehmen, ergibt aber insbesondere da sehr viel Sinn, wo der Kunde Teil des Teams ist. Dieser muss sich nicht um seine Zugangsmöglichkeit zum System kümmern, sondern wird zahlungsmäßig zentral mit abgedeckt. Inwieweit das allerdings wirtschaftlich ist, ist eine andere Frage
Stack: der Team-Überblick im Projekt
Weniger schön ist, dass sich die Herangehensweise in der obersten Hierarchiestufe am Team orientiert. Das heißt, man definiert ein Team und diesem Team weist man dann in unterschiedlichem Maße Projekte und Aufgaben zu. Das erscheint zunächst völlig logisch, bedeutet aber, dass Personen in Stack nur als Teil eines Teams existieren. Anders als beispielsweise in Trello kann so ein und dieselbe Person nicht Teil verschiedener Teams verschiedener Organisationen sein, sondern müsste jeweils redundant erfasst und auch gezahlt werden.
Nehmen wir mich, ich bin Teil des Teams von Dr. Web, von Noupe und von Commindo Media. In Trello gibt es mich einmal und die Administratoren der drei Teams haben mich zu ihren Teams, die auf dieser Ebene dann Organisationen heißen, hinzugefügt. Ich zahle einmal den Nutzerbeitrag und kann nun von beliebig vielen Organisationen in beliebig viele Teams eingeladen werden. Mein persönliches Dashboard in Trello spiegelt dann diese diversen Zugehörigkeiten genau so wieder. Ich behalte den Überblick.
In Stack müsste mich jeder Teamchef neu als Mitglied anlegen und neu für mich zahlen. Ich wiederum hätte, um im Beispiel zu bleiben, drei verschiedene Logins und Dashboards für die verschiedenen Teamzugehörigkeiten. Der Überblick ist nicht mehr gegeben. Da sollten die Stack-Macher dringend nochmal drüber nachdenken.
Die Einladung ins Team erfolgt, wie allgemein üblich, per E-Mail-Invite aus dem System heraus. Der Team-Teilnehmer in spe erhält dann eine E-Mail mit einem Anmeldelink. Er klickt darauf, vergibt dann lediglich noch ein Passwort und ist im Boot.
Stack: Intuitiv bedienbar, vielseitig anwendbar
Schauen wir auf die Bedienbarkeit des Dienstes, gibt es nichts zu beanstanden. Stack ist wirklich vollständig intuitiv zu erfassen. Die Einarbeitungszeit würde ich auf höchstens fünf Minuten schätzen. Stack sieht sehr modern aus und folgt dem Trend zum Flat Design.
Stack: die Projektübersicht, andernorts Board genannt, darf als intuitiv bezeichnet werden
Wie man es von Kanban-Boards im Allgemeinen kennt, arbeitet auch Stack mit nebeneinander angeordneten, frei benennbaren Listen, hier Columns genannt, denen Tasks als Karten zugefügt werden. Innerhalb der Karten spielt sich dann die eigentliche Kollaboration ab. Aber, bleiben wir zunächst bei den Columns.
Listen bilden beispielsweise den Workflow nach, Karten wandern darin vor und zurück
So wie ich Kanban-Boards verwende, bilden Listen bei mir stets den Workflow ab. In der Redaktion hat beispielsweise jeder Autor ein Board; in Stack heißt das “Project” mit “Taskboard”. Dieses Board (Project-Taskboard) beinhaltet Listen (Columns), die da heißen “Vorschläge”, “Aufträge”, “Autor fertig” oder “Veröffentlicht”. Es gibt mehr Listen, aber diese Beispiele reichen, um das Prinzip zu verdeutlichen.
Stack: Projektübersicht mit (in dem Falle) zwei Listen
Die einzelnen Karten, also die Einträge in den Listen, in Stack “Tasks” genannt, sind benannt nach den Titeln der Artikel, die die Autoren liefern wollen und nach Bestellung auch sollen. Diese Artikel wandern nun durch die Listen. Hat ein Autor einen bestellten Beitrag fertig gestellt, schiebt er ihn per Drag and Drop von der Liste “Aufträge” in die Liste “Autor fertig”. So geht es weiter, bis der Beitrag seine Endposition in “Veröffentlicht” erreicht hat. Mitunter wandern Artikel auch zurück in vorhergehende Listen, etwa wenn das Lektorat noch erheblichen Nachbesserungsbedarf seitens der Autoren sieht. Sie verstehen das Prinzip.
In eben dieser Weise funktioniert auch Stack. Unser Redaktionssystem könnten wir mit Stack prinzipiell genauso umsetzen. Die Zahl der Listen ist nicht begrenzt, die Listen sind frei zu benennen und zur besseren Übersichtlichkeit können diese auch noch eingefärbt werden. Die Karten nennt Stack Tasks. Ein Task kann natürlich wiederum vieles sein. In unserem Falle wäre ein Task ein Artikel. Denkbar ist jedoch viel mehr.
Der Task ist das Herzstück des Featureset
Stack trifft zudem noch die Unterscheidung in Tasks und Todos. Todos, Einzelaufgaben werden innerhalb des Tasks erfasst und bieten dort die Optik der klassischen Listen zum Abhaken. So können Sie größere Aufgaben in ihre Einzelschritte zerlegen, um sie so besser greifbar zu machen.
Stack: die Task-Karte ist das Zentrum des Geschehens
Am Task ist die gesamte Kollaboration innerhalb von Stack befestigt. Hier werden konkrete Aufgaben mit ihren Einzelschritten geplant. Die Aufgabe kann an eines oder mehrere Teammitglieder delegiert werden, einzelne ToDos können nicht delegiert werden. Die Festlegung von Prioritäten und Fälligkeitsdaten ist vorgesehen. Die Vergabe von Tags erlaubt das übergreifende Kuratieren unterschiedlicher Aufgaben mit denselben Schlagwörtern.
Stacks Task-Karte aus der Nähe (linker Teil)
Tasks können mit (theoretisch) beliebig vielen Dateianhängen ausgestattet werden, gängige Bildformate werden direkt als solche in der rechts angeordneten Timeline (Feed) zum jeweiligen Task angezeigt. Dateianhänge können nicht aus anderen Diensten, etwa Dropbox geholt, sondern ausschließlich von der lokalen Festplatte bereit gestellt werden. An der Integration mit weiteren Diensten arbeiten die Programmierer nach eigenen Angaben aber mit Hochdruck.
Stacks Task-Karte aus der Nähe (rechter Teil)
Wo ich es eben erwähne: die rechtsseitig am Task angeordnete Timeline zeigt in chronologischer Reihenfolge alle Aktivitäten zum Task an. An dieser Stelle ist es auch möglich, Kommentare zu hinterlassen, mithin den einzelnen Task zu diskutieren oder über den Fortschritt zu unterrichten oder was auch immer man meint, kommentarmäßig dort anrichten zu müssen.
Stack: Activity-Feed, Benachrichtigungen und mehr
Je mehr Tasks in je mehr Listen angeordnet werden, desto schwieriger wird es, den Überblick zu bewahren. Hier unterstützt Stack uns mit dem Activity-Feed und den Notifications.
Der innerhalb des Projects am rechten oberen Rand des Browserfensters angeordnete Link mit der Bezeichnung “Activity” öffnet nach einem Klick eine Dropdown-Liste mit allen Aktivitätseinträgen zum Projekt. Der Unterschied zur Timeline am Task besteht darin, dass unter “Activity” chronologisch über alle Tasks abgebildet wird, während innerhalb des einzelnen Tasks nur die Aktivitäten zu eben jenem Task verzeichnet sind. Der Activity-Feed steht ebenfalls nur pro Projekt zur Verfügung. Ein übergreifender Feed über alle Projekte ist nicht vorgesehen.
Stacks Activity-Feed zeigt die gesamten Aktivitäten des Projekts, task-übergreifend
Eine weitere Möglichkeit, auf dem Laufenden zu bleiben, sind die Notifications. Diese aktiviert man in den Settings einmal für den gesamten Account und kann dann noch entscheiden, ob man sie in einem bestimmten Projekt eventuell nicht benötigt. Standardmäßig sind Notifications stets an.
Eine Notification ist nichts anderes als eine E-Mail, die stets versendet wird, wenn sich in dem überwachten Projekt etwas tut. Bei vielen Projekten mit hoher Aktivität kann es hier schnell voll werden in der Inbox. Leider lassen sich die Notification-Settings nicht feiner granulieren. Entweder man bekommt welche, oder nicht.
Da Stack direkt mit einer API startet, ist es nur eine Frage der Zeit, bis Drittanbieter funktional andocken.
Fazit: Licht und Schatten und ganz viel Potenzial
Was ist nun dran an Stack? Ein Aufgaben- und Projektmanagement will es bieten. Allerdings kann es kaum reichen, an ein Produkt Projektmanagement zu schreiben, damit es eines ist. In der Tat ist Stack keine Projektmanagement-Software, auch wenn es seine obere Verwaltungsebene, also diejenige, die dann die Tasks (Aufgaben) und ToDos (Tätigkeiten) enthält, “Project” nennt. Echte Projektmanagement-Features gibt es überhaupt nicht. Korrelationen zwischen Tätigkeiten, Critical Path, Netzplanung und so weiter – nichts davon existiert. Was bleibt ist eine solide Aufgabenverwaltung auf Basis von Kanban-Boards.
Stack bietet kein neues Konzept. Der Service ist weder revolutionär, noch sonderlich innovativ. Vielmehr handelt es sich um eine solide Umsetzung eines bekannten Konzepts, auf das andere Wettbewerber schon sehr viel früher gesetzt haben. Wer Trello kennt, kann Stack ohne Hinsehen bedienen. Die Nutzerführung ist nahezu identisch. Natürlich hat das ältere Produkt, also Trello, einiges an Vorsprung, den es noch aufzuholen gilt. Derzeit kann sich Stack hier funktional nicht durchsetzen.
Viel Luft nach oben ist also definitiv gegeben. Neben der Luft nach oben ist aber unbestreitbar auch das Potenzial vorhanden. Denn, dass die Macher des Dienstes hervorragend programmieren können, beweisen sie täglich mit ihrem Erstling, dem Bugtracker Bugherd, den wir vor einiger Zeit bereits näher unter die Lupe genommen haben.
So habe ich persönlich keinen Zweifel, dass Stack einen erfolgreichen Verlauf nehmen wird. Den grundlegenden Weg, das Team als Ausgangspunkt aller Überlegungen zu nehmen, sollten die Entwickler aber noch einmal in Frage stellen und gegebenenfalls neu konzipieren. Ebenso fehlt mir eine Lösung für das Problem temporärer Projektteilnehmer, allen voran die Kunden. Hier ergibt es wenig Sinn, den Kunden als Teammitglied mit monatlichem Zahlplan anzulegen. Ein abgespeckter, womöglich kostenloser Account für diese Zwecke wäre sicherlich besser. Da sich Stack ausdrücklich an Designer und Developer richtet, wird dieses Problem eher häufiger als seltener auftreten.
Gut ist die Lösung der einheitlichen Bezahlung unter dem Haupt-Account. Da sind andere weniger auf die Bedürfnisse von Teams und Unternehmen im Allgemeinen eingerichtet. Auf der anderen Seite vermisst man jedwede Art von App für Mobilgeräte, was in der heutigen Zeit fast schon ein Ausschlusskriterium darstellt. Hier muss ganz dringend nachgeliefert werden. Insgesamt bleibt mir daher – mit Blick auf die Entwickler von Stack – nur zu sagen: Es gibt viel zu tun, packt es an…
Nachtrag:
Nachdem ich den Beitrag fertig gestellt hatte, kontaktierte ich Bugherd und gab ihnen Gelegenheit, sich zu den kritischen Tönen zu äußern. Wie ich erwartet hatte, waren sie sehr offen für die Kritik und versprachen, die Herangehensweise zu überdenken, um den Designern und Developern entgegen zu kommen, die in wechselnden Teams unterwegs sind – also in erster Linie mal individuelle Leistungserbringer und nur in zweiter Linie Teammitglieder sind. Das ist eine gute Nachricht, denn moderner als seine Wettbewerber fühlt sich Stack auf jeden Fall an. Sobald es für mich zur echten Alternative wird, werde ich den Wechsel erwägen.
Auf native Apps werden wir noch etwas länger warten müssen. Derzeit gehen die Entwickler davon aus, dass der voll-responsive Ansatz ausreichend ist. Wer es nicht mag, Apps zu installieren und die Zahl derer ist dem Vernehmen nach steigend, wird mit der Aussage zufrieden sein…
Links zum Beitrag
- Stack | Homepage
- Bugherd | Homepage
- BugHerd: Schlankes Task- und Bug-Management für Web-Projekte, das sogar Ihr Kunde versteht | Dr. Web Magazin
- BugHerd: Lean & Clean Task- and Bug-Management for Web-Projects | Noupe Magazine
- Trello: Kostenloses, projektorientiertes Kollaborationstool nicht nur für Teams | Dr. Web Magazin
Eine Antwort
Ich bin sowas von 20. Jahrhundert, verstehe nur “Bahnhof”.