Googles Universal Search mag für Anwender ganz praktisch sein, bekommen sie doch mit einer einzigen Suchanfrage Treffer aus vielen verschiedenen Medienkanälen angezeigt. Mit dem generischen Index, der sich auf klassische Textlinks konzentrierte, war das nicht möglich. Für die Betreiber von Websites beziehungsweise deren Search-Engine-Optimierer (SEO) bleibt das nicht ohne Folgen.
Die nach herkömmlichem Verfahren erzielten Treffer werden durch die Anzeige der Google-Maps von der ersten Ergebnisseite verdrängt. Wollen Sie mit Ihrer Website nach wie vor Rang 1 bis 3 belegen, ist eine Präsenz in den Medienkanälen Foto, Video, Blog und Twitter unverzichtbar, wenn die betreffende Website prominent von Google gelistet werden soll. Auch auf das Surfverhalten der Nutzer hat sich Universal Search ausgewirkt – wie eine jüngst veröffentlichte Studie belegt.
Ein Beispiel aus der Praxis
Die schnelle Suche nach dem Markennnamen Jack Wolfskin fördert interessante Ergebnisse zutage. Vergleicht man die Suchergebnisse von Bing und Google, so wird deutlich, dass Google mit seinem Gruppierungsansatz in Sachen Übersichtlichkeit deutlich vorne liegt. Während Bing einzelne Firmenlinks, wie zum Beispiel das Impressum oder eine Subdomain namens „adventure“ als einzelne Treffer stehen lässt, subsummiert Google zumindest einen Teil davon unter der Adresse jack-wolfskin.com und macht damit deutlich, dass es sich um Firmeninformationen handelt, die nicht zwingend für Neutralität stehen.
Google gruppiert die Deeplinks unter der Hauptdomain
Zweitens sind die Trefferlisten beider Suchanbieter praktisch identisch. Das wiederum könnte ein positives Qualitätsurteil für Microsoft abgeben, da man Bing so allmählich als vollwertigen Suchersatz akzeptieren kann.
Bing verzichtet auf die Anzeige der Preissuche und Bewertungen von Ciao
Drittens führen beide Trefferlisten einen Blog-Eintrag vom Werbeblogger mit. Während Google die brisante Überschrift „Jack Wolfskin eröffnet den Abmahnherbst“ zeigt, hält sich Bing da etwas bedeckter und verweist nicht auf den einzelnen populären Blogbeitrag, sondern auf das Tag „Jack Wolfskin“, unter dem der Werbeblogger das ganze Geschehen zu diesem Thema zusammenfasst. Nebenbei bemerkt, ist das aus Sicht der Recherche der bessere Treffer, weil er sofort auch das aktuelle Geschehen zeigen kann.
Sonderformen im Vormarsch
Dass Blogs inzwischen eine hohe Bedeutung bei der Informationsgewinnung der Nutzer, vor allem der Intensivnutzer des Web haben, ist unstrittig. Daher müssen Google und Bing das Geschehen in den Online-Tagebüchern beobachten und auswerten.
Blogs sind aber nur eine der Sonderformen, die die Platzaufteilung auf den SERPs (search engine result page), den Suchergebnisseiten, immer stärker bestimmen. Auch die Ergebnisse der Preissuchmaschinen gehören dazu. Bei Google ist das die eigene Preissuche „Google Products“. Bing könnte das mit einer Suche auf Ciao.de genauso machen, unterlässt das aber. Möglicherweise sind die Suchergebnisse auf Ciao.de für die Bing-Macher zu unstrukturiert, weil sie im Kern ja vor allem die Bewertungen von Nutzern anzeigen – also Fließtext.
Bei Google gehören auch noch Bilder aus der eigenen Bildersuche dazu, außerdem Videos von Youtube, Maps-Einträge verbunden mit lokalen Ergebnissen, Wikipedia-Einträge und gelegentlich auch Twitter-Feeds, wobei letzteres nachgelassen zu haben scheint.
Klar ist also, wer möglichst viele Treffer auf der ersten Ergebnisseite der Suchmaschinen haben möchte, muss die ganze Klaviatur spielen. SEO findet nur noch zu etwa einem Drittel auf der eigenen Seite statt. Den Rest der Energie sollte man darein setzen, in den sozialen Netzwerken und Blogs und auch mit Videos und Bildern bei den entsprechenden Diensten vertreten zu sein.
Die Usability von Universal Search
Die spannende Frage, die sich nun stellt ist, ob die Veränderungen des über Jahre gelernten Index die Nutzer vor Usability-Probleme stellt und wie sie damit umgehen. Die Tester von Usability.de haben genau das analysiert und Erstaunliches ermittelt. Die Aufmerksamkeitsverteilung auf den Suchergebnisseiten hat sich mit dem Erscheinen von Universal Search drastisch verändert.
30 Probanden fanden den Weg ins Eyetracking-Labor der Hannoveraner. Im Eyetracking-Verfahren wird die Pupillenbewegung der Probanden gemessen. Verweilt die Pupille für einen gewissen Zeitraum an einer Stelle, so geht das System davon aus, dass der Nutzer dort die Aufmerksamkeit fokussiert.
Die Heatmap zeigt deutlich, dass sich auf den Bereich unterhalb der Karte die meiste Aufmerksamkeit konzentriert.
Das Eyetracking-Verfahren ist unter Experten etwas umstritten. Zwar sind die Zeiten vorbei, in denen die Probanden Stirnbänder mit montierten Kameras aufsetzen mussten. Doch erfordern die Systeme eine vorhergehende Kalibrierung. Und dieses Setup verstärkt den „klinischen“ Kontext im Usability-Labor. Die Probanden könnten sich „beobachtet“ fühlen und daher andere Ergebnisse produzieren als beim unbeobachteten Surfen im Web.
Für einen Vorher-Nachher-Vergleich taugt das Verfahren allemal. Und im Usability.de-Test kam heraus, dass sich die Aufmerksamkeitsverteilung deutlich in die Länge streckt. Das klassische F-Schema, bei dem vor allem die ersten drei Suchtreffer in einer Art goldenem Dreieck die meiste Aufmerksamkeit abbekamen, gilt nicht mehr. Stattdessen werden auch die Treffer 4, 5 und 6 inzwischen deutlich mehr beachtet.
Je nach Suchbegriff und Kontext überspringt der Nutzer sogar die oben beschrieben Sonderformen – beziehungsweise die damit zusammenhängenden Suchergebnisse – und widmet seine Aufmerksamkeit gezielt den Inhalten darunter. Besonders von diesem Phänomen betroffen ist Google Maps. Selbst bei lokaler Suche schauen die Testpersonen zwar auf die lokalen Links, die direkt rechts neben der Karte gezeigt werden. Die Karte selbst aber bleibt außen vor.
Ein besonders attraktiver Platz im Index ist das erste Listing unterhalb eines optischen „Störers“, also direkt unter den Videos oder Maps. Hier fokussierten die Probanden deutlich länger als beim Rest der Seite. Da hat Jack Wolfskin Glück: Unter den Bildchen aus der Produktseite steht der direkte Link in den Onlineshop.
Weiterführende Informationen
Link zur Studie: http://www.usability.de/publikationen/studien/goodbye-golden-triangle.html
Jack Wolfskin Debatte beim Werbeblogger: http://www.werbeblogger.de/tag/jack-wolfskin/
Lesenswerter Selbstversuch zur UniversalSearch Optimierung von Hanns Kronenberg
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