Sind Sie auch schon auf solche Versprechen reingefallen? Angeblich perfekte Layouts gibt es wie Sand am Meer; seltsam, dass man online kaum etwas von der Perfektion zu sehen bekommt. Was ist eigentlich perfekt? Und warum beschäftigen sich Webdesigner überhaupt mit Perfektion? Sollte man das nicht lassen?
Was nicht geht
Im eigentlichen Sinne kann man Perfektion nicht erreichen. Da hilft es, sich vor Augen zu führen, was Perfektion bedeutet: Etwas vollkommenes, vollendetes. Beides ist problematisch: Die Qualität einer Website bestimmt sich durch die Augen der Zielgruppe. Je größer die Zielgruppe wird, desto mehr Kompromisse sind nötig. Ein Kompromiss ist aber ein Zugeständnis, um einem anderen Ziel noch gerecht zu werden; so gibt es keine Vollkommenheit. Und Vollendung sollte in unserem dynamischen Medium ohnehin eher ein Schimpfwort sein, als ein Ziel.
Perfektion im Web gibt es also nicht. Was braucht man dann? Streben nach Perfektion. Auch, wenn es für einige paradox klingt: Es ist sinnvoll, sich zu Zielen aufzumachen, die man nie erreichen kann. Wer sich immer am Optimalfall misst, der schneidet immer schlecht ab – aber er wird nie um Dinge verlegen, die er verbessern könnte. Wer sich also ernsthaft um Perfektion bemüht, der ist auf dem Weg, gute Websites zu erstellen. Aber funktioniert das auch in der Praxis? Und kann man überhaupt sagen, was denn im Netz perfekt wäre?
Was geht
Um bei der Suche nach göttlichen Websites nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren, sollte man nach ganz Greifbarem suchen. Sinnvoll klingt das Prinzip der Best Practice: Einfach nach Beispielen suchen, die ein Problem besser gelöst haben, als andere. Und im Netz funktioniert das ohne lange Fußwege. An vielen Orten wird vorgearbeitet – auch hier. Unsere (etwas ältere) Linksammlung mit Designgalerien ist ein guter Startpunkt, wenn man einen Überblick gewinnen will.
Sich regelmäßig nach der Konkurrenz umzuschauen, sollte für jeden Webdesigner Pflicht sein. Aber sich endlos durch Galerien zu wühlen, führt zu keinem bestimmtem Ziel; eher zu jener Form von Inspiration, die man sucht, um die Mittagspause in die Länge zu ziehen. Wie soll man vorgehen? Ein paar Vorüberlegungen können schon helfen.
Ein perfektes Layout, oder die beste Übersichtlichkeit ist an sich kein klares Ziel. Besser, man sucht nach ganz spezifischer Inspiration. Welche Website hat die effektivste Navigation? Welches Single-Page-Blog hat die effektivste Raumaufteilung? Wer hat schön gekennzeichnete Links, die den Lesefluss nicht stören?
Auch bei der ziellosen Suche nach Inspiration kann ein wenig Fokus Wunder wirken, um Nutzen aus der Recherche zu schlagen. Findet man ein gutes Beispiel, sollte man es nicht nur bookmarken, sondern auch einen genaueren Blick wagen. Was macht die Site so gut? Was ließe sich davon verallgemeinern? In anderen Bereichen einsetzen? Wie sind bestimmte Aspekte realisiert?
Je enger der Blickwinkel, desto aussagekräftiger die Resultate. Mit ein paar Designgalerien habe ich das asprobiert. Welche Galerie aus unserer Liste bekommt Aspekte des Interfaces besonders gut hin?
Perfekte Raumausnutzung
Wie kann man schnell viele Designs überblicken? Zum Beispiel durch ein eng gekacheltes Muster mit sinnvoll ausgewählten Thumbnails und schnell ladenden Tooltips. Beautifully macht es vor.
Perfekt den Mund gehalten
Wenn man eine Designgalerie betritt, will man vor allen Dingen die Ausstellungsstücke sehen, nicht die Galerie selbst. So manches Showcase verheddert sich und sieht selbst so schick aus, dass dort Ausgestelltes nicht mehr zur Geltung kommt. Anders web creme: Die Site sieht nach gar nichts aus. Und das ist durchaus als Kompliment gemeint. Jede vorgestellte Site hat hier genug Platz, um für sich zu wirken. Starke Navigationsmöglichkeiten fehlen zwar. Dafür stört die graue und minimalistische Site garantiert nicht.
Perfekte Navigation
Na gut, sicher nicht perfekt. Aber meiner Erfahrung nach der schnellste Weg zu ganz spezifischen Ergebnissen ist Design Meltdown allemal. In sinnvolle Kategorien unterteilt, die eher assoziativ als logisch funktionieren, finde ich hier fast immer, was ich suche. Da diese Website nicht nur beliebt ist, eignet sie sich auch hervorragend als Beispiel, warum Perfektion und ein großes Publikum nicht zueinander passen.
Nicht verwechseln!
Was war jetzt perfekt? Natürlich nicht. Während also die Orientierung an Perfektion eine gute Sache ist, um Entwicklungschancen zu beurteilen und Inspiration zu erhalten, hat sie eine klare Grenze: Die Realität. Als Webdesigner auf dem Markt kann sich keiner leisten, ewig an derselben Site zu arbeiten. Da helfen nur klare, realistische Ziele für den Alltag. Aber wer nicht ab und zu die marktwirtsachaftliche Brille abnimmt, der übersieht eine ganze Menge.
Erstveröffentlichung 20.08.2007
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