von Frank Puscher
Mit innovativen Konzepten will Jason Levine Workflow und Kreativität bei Internetarbeitern verbessern. Sein Arbeitgeber Adobe soll dafür die Werkzeuge liefern.
Kein anderer Mitarbeiter von Adobe steht für das Zusammenwachsen der Video- und Audio-Produktionswerkzeuge mit den Internet-Tools wie Jason Levine. Der Miterfinder des Soundprogramms Cool Edit, aus dem im Jahr 2003 Adobes Audition wurde, wandelte sich vom Sounddesigner zum Multimedia-Artisten. Keiner jongliert derart virtuos mit den Tools und präsentiert mit einer entspannten Non-Chalance. Vor bis zu 500 begeisterten Zuschauern demonstriert er die Leistungsfähigkeit von Photoshop, AfterEffects und Co. Und dabei weist der Amerikaner den Weg in die mediale Zukunft: Der WebDesigner von morgen schneidet ebenso sicher Video, bereinigt Ton-Dokumente um Handyklingeln und layoutet mal schnell einen zu druckenden Flyer.
Dr. Web: Jason. Adobe investiert viel Geld, um den potentiellen Kunden die neuen Tools schmackhaft zu machen. Sind die Werkzeuge nicht gut genug, um für sich selbst zu sprechen?
Levine: Eine bösartige Formulierung. Tatsächlich geht es mir gar nicht um die einzelnen Werkzeuge sondern um die Zusammenarbeit zwischen ihnen. Je besser diese Zusammenarbeit funktioniert, umso schneller geht die Produktion von der Hand und umso mehr Zeit haben die Designer für den kreativen Teil der Arbeit. Ein einfaches Beispiel ist Dynamic Linking, wie zum Beispiel zwischen Photoshop und Dreamweaver. Wenn Sie in der Browservorschau feststellen, dass Ihnen die Aufmachergrafik so nicht gefällt, dann können Sie direkt aus Dreamweaver heraus Photoshop ansteuern, die Datei verändern und das JPEG in der HTML-Seite wird automatisch mit ihren Kompressionseinstellungen und dem bereits vergebenen Alt-Text veröffentlicht.
Dr. Web: Das ist ja wohl ein ziemlich klassischer Workflow. Aber das Puppet-Tool aus AfterEffects, das Sie so gerne demonstrieren, ist doch ein reines Gimmick.
Levine: Sie täuschen sich. Webdesigner werden AfterEffects aus drei Gründen kaufen. Erstens: klassische Nachproduktion. Mit gut gesetzten Untertiteln können Sie Video-Content für Hörbehinderte zugänglich machen. Das gilt übrigens auch für Flash-Video mit Caption.
Der zweite Grund ist die Green Box. Wir werden künftig mehr Moderatoren im Netz sehen, die Prozesse und Produkte erklären oder einfach nur Unterhaltung machen. Durch das Green Box Verfahren sinken die Produktionskosten für gutes Video drastisch.
Und das Dritte ist das Puppet-Tool. Dieses Werkzeug macht aus praktisch jedem Standbild eine Animationssequenz. Das wird die gesamte Wahrnehmung von Standbildern verändern. Innovative WebDesigner werden ihre Fotos bereits mit dem Hintergedanken schießen, wie sich das am besten bewegen lässt. Und sie können aus Kundenmaterial noch mehr herausholen.
Dr. Web: Aber das Kernproblem der Adobe-Anwendungen ist doch nicht mangelnde Funktionsvielfalt sondern vielmehr mangelnde Beherrschbarkeit.
Levine: Ja. Das stimmt wohl. Hier hat Adobe ein Problem. Wir adressieren mit den gleichen Werkzeugen die Profis und die Einsteiger. Das ist ein schwieriger Spagat. Aber wir haben das erkannt und arbeiten daran komplexe Technik mit möglichst einfachen Interfaces auszustatten. Eines meiner Lieblingswerkzeuge in Photoshop ist die neue Schnellauswahl. Oh gott, ich habe früher Stunden damit zugebracht, gute Freisteller zu erzeugen.
Oder nehmen Sie Camera Raw. Das war zu Anfang ein einfacher Importfilter für Raw-Dateien. Heute machen Sie mit einem einzigen Klick einen neuen Weißabgleich Und zwar nachdem Ihr Motiv längst verschwunden ist. Das ändert die Haltung zur Aufnahme. Heute geht’s doch nicht mehr um die perfekte Beleuchtung sondern nur darum, das gewählte Motiv im richtigen Ausschnitt scharf auf den Chip zu bekommen. Den Rest machen die Adobe-Tools.
Dr. Web: Und was hält ein Profi wie Sie von der Video-Integration in Photoshop?
Levine: Ich nutze Sie täglich. Das ist kein Spruch. Fast alle meine Videos im Blog sind mit dem Handy oder einer kleinen Kamera aufgenommen und werden in Photoshop nachbearbeitet. Das geht so schnell. Und für den Designer ist das der Zugang zum Video-Editing. Plötzlich kann er Videos schneiden mit den Fähigkeiten, die er in Photoshop gelernt hat. Das gilt übrigens auch für Audio. Auch in Audition haben wir Photoshop-Werkzeuge integriert, die zum reparieren von Sounds verwendet werden. Auf rein visueller Ebene.
Dr. Web: Und dennoch wetten wir, dass Sie jeden Tag etwas entdecken, was in den Tools in ihrer aktuellen Form fehlt.
Levine: Na ja, die Möglichkeiten zur Soundbearbeitung in Flash könnten etwas besser sein. Aber sonst fällt mir nicht viel ein. Ich glaube sowieso, dass die nächsten Innovationen wieder mehr im kreativen Bereich liegen werden. Schauen Sie Kuler an. Der zeigt Ihnen harmonische Farbumgebungen passend zu einem Ausgangsfarbton an.
Ich meine, worum geht es eigentlich hier. Es geht doch um den göttlichen Funken. Um Inspiration. Vielleicht benötigen die Adobe-Tools eine interaktive Inspirationsquelle.
Dr. Web: Eine was?
Levine: Ich denke da an so eine Art Pop-Up-Evangelist.
Dr. Web: So wie die Word-Büroklammer?
Levine: Nein. Ganz anders. Büroklammern langweilen doch. Aber die Leute lieben Evangelisten.
Dr. Web: Herr Levine, vielen Dank für das Gespräch.
Links zum Thema:
- Jasons Blog
- Video -Interview mit dem Online-Service Create or die
Erstveröffentlichung 02.05.2008
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