Für das Weblog Exciting Commerce beobachtet Stephan Randler die Video-Aktivitäten im Online-Handel. Der gebürtige Schwabe plädiert für einen vorsichtigen Einstieg.
Herr Randler, sind Ihnen aus Deutschland bislang Zahlen bekannt, die die verkaufsfördernde Wirkung von Online-Videos belegen?
Stephan Randler, Exciting Commerce: Die Studien hierzu fehlen noch. Man bekommt gelegentlich die eine oder andere Angabe direkt von den Händlern, aber ob man da jede Zahl glauben soll, ist die eine Frage, und ob die Zahlen repräsentativ sind, die andere. Erste Händler aber argumentieren, dass sich durch Produktvideos die Konversionsraten um mindestens 40 Prozent steigern lassen. Freilich schwankt dieser Wert sehr stark zwischen den unterschiedlichen Produktgruppen.
Welche Produkte und Branchen scheinen für die Video-Präsentation besser geeignet?
Randler: Auf den ersten Blick bieten sich natürlich HighTech-Produkte an, die viele erklärungsbedürftige Funktionen und Features haben. Auch die Qualität der Verarbeitung lässt sich in einem Video besser darstellen als auf Bildern oder 3D-Ansichten. Das gilt natürlich auch für Mode. Ein Kleid wirkt ganz anders, wenn man sieht, wie es fällt, während sich die Trägerin bewegt.
Das gilt aber nur in Bezug auf klassische Produktvideos. Wir sehen derzeit eine große Vielfalt an Videos im Umfeld des digitalen Handels erscheinen. Dazu zählen auch Ratgeber-Videos oder humorvolle Ansätze, die allerdings vor allem im Bereich Marketing anzusiedeln sind. Insofern gibt es für Onlineshops in ganz vielen Segmenten Möglichkeiten, mit Videos erfolgreich zu sein.
Welche Qualitätsstandards legen die User heute an?
Randler: Wer Online-Video nutzt, muss schon in irgendeiner Weise professionell präsentieren, sonst landet er ganz schnell in einer Trash-Ecke. Der Qualitätsanspruch der Nutzer wird vielleicht gar nicht direkt artikuliert, er ist aber unterbewusst vorhanden. Es müssen aber nicht immer Hochglanzvideos sein. Es reicht auch völlig, wenn die Inhalte stimmig und professionell aufbereitet sind.
Das macht Online-Video teuer.
Randler: Naja, teuer ist relativ. Im Vergleich zu früher ist die Videoproduktion viel günstiger geworden. Professionelle Dienstleister stehen dafür zur Verfügung, standardisierte Arbeitsabläufe sparen Zeit und Kosten. Aber mit 400 bis 500 Euro muss man pro Film schon rechnen. Wer allerdings an einem Tag gleich mehrere Videos produzieren lässt, kommt ziemlich günstig weg.
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Bringen die Hersteller inzwischen genug Produktvideos mit?
Randler: Es werden immer mehr und Plattformen wie Cliplister stellen die „offiziellen“ Produktvideos dann den Händlern zur Verfügung. Aber genau das ist ja das Problem. Wenn alle Händler das gleiche Video nutzen, kann man sich doch nicht mehr differenzieren. Nein. Meine Wunschvorstellung ist, dass sich der Händler eine eigene Identität, vielleicht sogar eine eigene Marke über Bewegtbilder aufbaut. Das verschafft ihm ein Alleinstellungsmerkmal. Pauldirekt ist da ein sehr gutes Beispiel.
Was ist also der richtige Einstieg?
Randler: Ich würde den Shopbetreibern raten, da ganz langsam ranzugehen. Man sollte erst einmal schauen, ob bereits offizielles Video-Material von Herstellern vorhanden ist und damit erste Erfahrungen machen. Das liefert spannende Ergebnisse: Was wollen die Nutzer, was wird überhaupt angeschaut?
Dann folgt die strategische Analyse, ob ich eigene Videos direkt verkaufsfördernd einsetzen will oder ob ich damit nur interessanten Content auf der Website anbiete, der Stickyness erzeugt und Nutzer zum Wiederkehren und Verweilen anhält.
Und in einem dritten Schritt ist es sicher eine gute Idee, die selbst produzierten Videos auch auf den bestehenden etablierten Plattformen zu streuen, um etwas Werbewirkung zu entfalten.
Was halten Sie dann von VideoWidgets mit Shopping-Funktionen?
Randler: Sie meinen solche mit einem Flash-Overlay? Dieser Video-Verkaufsansatz ist extrem vielversprechend. Damit können Händler ihren Kunden dann über Bewegtbilder Produkte verkaufen, wenn sie sich bereits intensiv mit Video-Content auseinandersetzen. Wer beispielsweise ein Musikvideo im Web anschaut, hat ja von vornherein ein großes Interesse an dem Künstler. Da ist es nur sinnvoll, direkt im Videoclip auch gleich Tickets, CDs und T-Shirts zu bewerben. Das Thema ist aber erst ganz am Anfang. Da wird sich in den nächsten Monaten vieles entwickeln.
Abschließend einen Tipp an unsere Leser. Welchen Fehler muss man bei Shop-Videos unbedingt vermeiden?
Randler: Es geht nicht darum, auf Biegen und Brechen tolle Video-Serien zu starten oder teure Hochglanzformate zu produzieren. Wer als Händler ein Faible für sein Geschäft und seine Produkte hat, soll einfach darüber erzählen und sich und sein Unternehmen authentisch präsentieren. Das gilt besonders bei Produktvideos. Leere Marketing-Versprechen will niemand hören. Im Zweifel würde ich eher die nüchterne Schiene fahren.
Herr Randler, vielen Dank für dieses Gespräch. (tm)
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