Wer als Admin-C, also als Administrator und verantwortlicher Ansprechpartner einer Domain, auftritt, sieht sich gerade im gewerblichen Bereich einer Reihe von Haftungsfragen ausgesetzt. Dies gilt nicht zuletzt deshalb, weil die einschlägige Rechtsprechung häufig einzelfallbezogen agiert und bisweilen nicht immer klaren Leitlinien folgt. Zudem erstreckt sich die Vielzahl möglicher Rechtsverstöße auf verschiedene Bereiche der Tätigkeit eines Admin-C.
Nachfolgend soll anhand der neueren Rechtsprechung der vergangenen Jahre ein Überblick über die möglichen Gefahren und deren Vermeidung entworfen werden.
1. Haftung für Kennzeichenverletzungen durch Domainnamen
Sehr unterschiedlich wird derzeit noch die Frage beantwortet, ob der Administrator einer Webseite für mögliche Namens- und Markenrechtsverletzungen haftet, die durch den jeweiligen Domainnamen begangen werden. Häufig wird hier von den Gerichten die Haftung des Admin-C mit seiner Eigenschaft als „Störer“ begründet, da er die tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit habe und eine Ursache für den Schaden gesetzt habe. Nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 1.9.2003 (AZ: 2 W 27/03) leistet diejenige Person, die mit Ihrem Einverständnis als administrativer Ansprechpartner (Admin-C) bei der DENIC eingetragen ist, einen eigenen Tatbeitrag an Namens- und Markenrechtsverstößen durch den Domainnamen. Auf Grund der Registrierungsbedingungen habe der Administrator auch die rechtliche Möglichkeit, auf den Eintragungsinhalt einzuwirken, sodass die Voraussetzungen der Störerhaftung gegeben seien.
Ähnlich sieht es das Oberlandesgericht München und bejaht entsprechende Unterlassungsansprüche gegen den jeweiligen Admin-C (Urteil vom 20. 1. 2000 – AZ:29 U 5819/99).
Anders wird dies in einem Urteil des OLG Koblenz (Urteil vom 25.1.2002 – AZ: 8 U 1842/00) bewertet, welches den Admin-C lediglich als den Bevollmächtigten des tatsächlichen Domaininhabers ansieht. Ansprüche wegen der Verletzung von Namensrechten oder sonstiger Rechte Dritter im Zusammenhang mit einer DENIC-Registrierung könnten demnach ausschließlich gegen den Domaininhaber geltend gemacht werden.
Auch das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied in einem Urteil vom 03.02.2009 (Az.: I-20 U 1/08), dass der Admin-C nicht als Mitstörer bei Kennzeichenverletzungen durch den Domain-Namen haftet. Allein aus seiner Stellung als Admin-C ergäben sich nämlich keine Prüfungspflichten, so das Gericht. Der Pflichtenkreis sei allein auf das Verhältnis zwischen dem Domaininhaber und der DENIC bezogen. Dies verbiete es, die Prüfungspflichten des Admin-C im Außenverhältnis zu Dritten anzunehmen.
Empfehlung: Trotz letztgenannter Entscheidung, sollte sich ein Administrator nicht auf die Verantwortlichkeit des Domaininhabers verlassen und mögliche Namens- und Markenrechtsverstöße durch den Domainnamen regelmäßig und sorgfältig prüfen.
2. Haftung des Admin-C für sogenannte „Vertipper-Domains“
Das Landgericht Berlin hat in einem Urteil vom 13.01.2009 (Az.: 15 O 957/07) entschieden, dass sich der Admin-C bei rechtswidrigen „Vertipper“-Domains schadensersatzpflichtig macht. Damit wurde die Haftung von Administratoren verschärft, die bislang lediglich als Mitstörer zur Unterlassung verurteilt wurden.
Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass der Admin-C fahrlässig gehandelt habe, als er pauschal für eine unüberschaubare Anzahl von Domains als administrativer Ansprechpartner auftrat. Es sei folglich offensichtlich gewesen, dass ein Teil der registrierten Domains alleine zur Generierung von Werbenahmen verwendet würden, bei denen auch gezielt sogenannte Vertipper-Domains zum Einsatz kamen.
Ähnlich begründete das Landgericht Stuttgart ein Urteil vom 27.1.2009 (41 O 101/08 KfH) und führte aus, dass die Registrierung so genannter Tippfehlerdomains einen Eingriff in den ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb darstelle, für den der Admin-C als Störer hafte.
Empfehlung: Die Eintragung beziehungsweise die Administration sogenannter „Tippfehlerdomains“ sollten unbedingt abgelehnt werden. Gerade die Übernahme von Aufträgen mit einer Vielzahl an Domainnamen dürfte ein Indiz für die Existenz solcher Werbedomains sein.
3. Haftung für „Domain-Parking“
Sehr beliebt, da äußerst effektiv, beim Suchmaschinen-Ranking ist das sogenannte Domain-Parking. Nach einem neueren Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 03.09.2008 (Az.: 2a O 40/08) ist der Admin-C einer Domainbörse, auf der Kunden Domains zum Verkauf anbieten oder parken können, nicht als Störer für Rechtsverletzungen anzusehen, die auf den Domains begangen werden.
Empfehlung: Der Admin-C haftet nach diesem Urteil jedenfalls nicht vor seiner Kenntnis für Rechtsverstöße, die auf geparkten Seiten Dritter begangen werden. Eine Prüfungspflicht könnte aber angenommen werden, sofern dem Administrator eine entsprechende Rechtsverletzung bekannt wird. Ab diesem Augenblick sollten die betroffenen Seiten überprüft und gegebenenfalls entfernt werden.
4. Haftung für Webseiten-Inhalte
Der Admin-C haftet neben dem Inhaber der Domain als (Mit-)Störer für die Veröffentlichung wettbewerbswidriger Inhalte, sofern er die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung der rechtswidrigen Handlung besitzt. Diese Voraussetzung ist dann erfüllt, wenn er jederzeit die Möglichkeit hat, seine Funktion als Admin-C für den Domain-Inhaber zu beenden beziehungsweise nicht auszuüben (Landgericht Bonn, Urteil vom 23.02.2005 – Az:5 S 197/04 ).
Nicht ungefährlich stellt sich die Lage dar, wenn Newsletter oder Werbung verschickt werden. Wird der administrative Ansprechpartner einer Domain dort nämlich als Verantwortlicher für einen Newsletter angegeben, so ist davon auszugehen, dass dieser einen maßgeblichen Einfluss auf den Inhalt der Domain hat (Landgericht Berlin, Urteil vom 16.5.2002 – Az:16 O 4/02).
Empfehlung: Wenn ein Admin-C faktisch eine Einflussmöglichkeit auf den Website-Inhalt hat, haftet er als Störer und bei Verschulden auch als Täter für dort abgespeicherte – etwa urheberrechtswidrige – Inhalte. Daher sollte die Homepage regelmäßig überprüft werden, spätestens ab Kenntnis eines möglichen Rechtsverstoßes.
5. Haftung des Admin-C als Arbeitnehmer
Wer als Arbeitnehmer mit Aufgaben eines Admin-C beauftragt ist und als solcher bei der DENIC eingetragen ist, kann trotz entgegenstehender landläufiger Meinung grundsätzlich zur Haftung herangezogen werden. Zwar wird dies für solche Fälle verneint, in denen der Arbeitnehmer ohne eigenen Verantwortungsbereich agiert. Dennoch ist dies für solche Fälle eingeschränkt worden, bei denen eine Rechtsverfolgung des entsprechenden Domaininhabers im Ausland eine wesentliche Erschwerung der Rechtsverfolgung herbeigeführt hätte. In solchen Fällen vermag auch ein Haftungsausschluss keine Wirkung im Außenverhältnis zu entfalten.
Zusammenfassung
Mit der Ausübung der Administrator-Stellung gehen verschiedene und umfangreiche Prüfungspflichten einher. Wann diese Pflichten genau eintreten, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Die Rechtsprechung neigt in letzter Zeit dazu die „Zumutbarkeit“ als entscheidenden Maßstab zu implementieren. Bei Namensrechtsverletzungen durch die Domain selbst, wird diese Zumutbarkeitsgrenze bisweilen relativ hoch angesetzt, sodass gerade bei der Administration zahlreicher Domains auf eine vertragliche Freistellungserklärung seitens des Inhabers bestanden werden sollte. Ansonsten führt die Praxis einiger Gerichte dazu, dass der Administrator nicht nur vor der Registrierung des Domainnamens eine umfangreiche Recherche (beispielsweise in Marken- und Handelsregistern) durchführen muss. Dass er die hierfür notwendige Fachkenntnis in den allermeisten Fällen nicht haben dürfte, hat in den bisherigen Entscheidungen kaum Beachtung gefunden.
Bei Homepage-Inhalten dürfte eine Haftung spätestens ab dem Zeitpunkt der Kenntnis von der jeweiligen Rechtsverletzung drohen. Daher sollte der Admin-C für solche Fälle regelmäßig die Inhalte der Webseiten prüfen, selbst wenn dies in Einzelfällen zu erheblichem Aufwand führen mag. Der alleinige Einwand der fehlenden Möglichkeit zur inhaltlichen Gestaltung einer Homepage – etwa, weil diese durch den Inhaber oder durch von Ihm bestimmte Dritte vorgenommen wird – reicht nicht aus um eine Haftung auszuschließen. Vielmehr sind hier weitergehende und wichtige Gründe vorzutragen. Auch für diese Fälle sollte eine Freistellungsvereinbarung mit den Inhaber geschlossen werden.
Schließlich hat grundsätzlich auch der angestellte Administrator für die genannten Fälle einzustehen. Hier sind entsprechende Vereinbarungen im Rahmen des Arbeitsvertrages möglich und dringend anzuraten. ™
13 Antworten
Hallo,
interessant zu wissen wäre noch, wie eine Tippfehler-Domain definiert ist. Ist http://www.internat.de eine Tippfehler-Domain von http://www.internet.de? Hier könnte es sich ja genau genommen auch um einen „Tippfehler“ handeln, „a“ statt „e“.
Interessant wäre zu wissen, was konkret unter „mögliche Namens- und Markenrechtsverstöße […] //regelmäßig// und //sorgfältig// prüfen“ zu verstehen ist. Was muss ich als Admin-C denn in welcher Regelmäßigkeit unternehmen, damit mir im Fall des Falles keine Verletzung meiner Pflichten vorzuwerfen ist
@ Rene Schmidt:
Interessante Frage, die Sie stellen.
In der Tat handelt es sich in solchen Fällen um eine Beurteilung des Einzelfalls. Die angerufenen Gerichte prüfen insbesondere, ob eine rechtsmissbräuchliche Domain-Registrierung vorliegt. Im geschilderten Falle könnte die Seite http://www.internat.de zulässig sein, sofern z.B. eine schulische Institution mit Internat die Inhaberschaft besitzt. Wenn allerdings überhaupt kein berechtigtes Interesse vorliegt, liegt die Annahme einer unzulässigen „Vertipper“-Domain nahe.
@ Markus
Grundsätzlich gilt: Präzedenz-Domains, d.h. solche deren Registrierung zuerst erfolgte sind zulässig, sofern zum Zeitpunkt der Registrierung keine fremde Namensrechtsverletzung bzw. rechtsmissbräuchliche (zielgerichtete fremde) Aneignung vorlag. Dauernde und auch regelmäßige Prüfungspflichten bezüglich der Domain-Namen bestehen daher vorwiegend für Multi-Domaininhaber bzw. Domain-reseller. Bei diesen kann sich auch ungewollt ein bereits geschützter (Marken-)Name in eine gezeichnete Domain einschleichen. Als Administrator, der mehrere Domains verwaltet, sollte man daher zunächst einmal prüfen ob die entsprechenden Domainnamen Markenrechtlich geschützte Worte oder Namen wiedergeben.
Interessanter Artikel.
Welche Eingriffsmöglichkeit hat man als admin-c eigentlich, wenn der Inhaber die Domain auf einen anderen Provider bzw. Inhaberkonto verschiebt und dem admin vorsätzlich den Zugriff verwehrt?
@André
Die Frage ist nicht einheitlich und global zu beantworten.
Technisch hat der Admin-C allenfalls die Möglichkeit auf die Website zuzugreifen, falls er noch über die passenden Zugangsdaten verfügt, wovon wohl nicht auszugehen ist.
Rechtlich sollte der betroffene Administrator daher den etwaigen Admin-C Auftrag (Administorvertrag) kündigen und auf eine entsprechende Löschung seines Namens als Admin-C hinwirken. Dies kann in gegebenen und dringenden Fällen etwa durch einstweiligen Rechtschutz geschehen.
In sehr dringenden Fällen wird ein direktes Zugehen auf die Denic anzuraten sein.
Wegen der dennoch strengen Haftung würde ich auf jeden Fall ein schnelles Handeln anraten.
Kann man sich schützen, indem man mit dem Kunden vertraglich regelt, dass jeder Inhaber für den Inhalt und damit eventuell verbundene Urheberrechtsverletzungen selbst verantwortlich ist?
Vertragliche Vereinbarungen mit dem Kunden sind sinnvoll, können allerdings keine Außenwirkung entfalten. Das bedeutet, dass sich der Administrator im Falle einer Inanspruchnahme Dritter nicht auf die entsprechende Vereinbarung mit seinem Kunden berufen kann. Die vertragliche Vereinbarung gilt nur im Innenverhältnis und eröffnet in einem zweiten Schritt einen Rückgriff (Regress) auf den Kunden. Zunächst haftet aber – sollte ein Haftungsfall überhaupt anzunehmen sein – der Admin-C selbst nach Außen.
Was ist, wenn ein Mitarbeiter entlassen ist und weiter als admin-c einer Firma eingetragen ist?
Vertraglich sind gegenseitige Ansprüche ausgeschlossen worden.
Super Artikel Herr Alessandro Foderà!
Sehr informativ.
Danke
Als Domaininhaber (Sitz im ausser europäischen Ausland) bin ich natürlich auf einen Admin C mit Wohnsitz in Deutschland angewiesen(zumindest bei der Länderendung .de).
Ich möchte den Arbeitsvertrag natürlich so gestalten das der Admin C über alle erdenklichen Gefahren informiert ist um spätere Streitigkeiten vorab auszuschliessen bzw. den Einwand der Unwissenheit im Keim zu ersticken. Wäre ein Artikel wie der Ihre als Anhang oder die im Artikel aufgeführten Punkte in den Vertrag zu nennen sinnvoll und ausreichend?
Beste Grüsse
Alex
Es wäre schön, würde der Artikel überarbeitet werden. Da er nicht mehr in den rechtlichen Punkten stimmt. Mittlerweile hat sich ja vieles geändert. Eigentlich müsste der Artikel so wie er hier ist, gelöscht werden.
Ich habe den Artikel auf die Überarbeitungsliste gesetzt.
Wie sieht es im Jahre 2023 aus? 😇