Bevor es an das Texten geht sei gesagt: Am Anfang war das SEO-Audit, gefolgt von einer ausführlichen Keyword Recherche, wo besonders die Long Tail Keywords im Fokus stehen, bei denen Ihre Website vielleicht eine Chance hat hoch zu ranken.
Gute Texte schreiben. Was heißt das? Eine Empfehlung ist ebenso beliebt wie billig: „Zielgruppengerecht” soll im Web getextet werden. Und SEO-optimierte, inhaltsstarke Texte, das ist der Goldstandard im Rennen um gute Google-Rankings.
Gute zielgruppengerechte Texte sollten sich am Kenntnisstand des Leser orientieren. Der kleinste gemeinsame Nenner sagt: „Bloß keinen Fachjargon, keinen Fachausdruck, kein Fremdwort, Kürzel oder Anglizismus verwenden”. Geht das? Natürlich nicht. Aber was geht dann?
Welche erste Frage für gute Texte schreiben solltest Du Dir stellen? Richtig. Für welche Zielgruppe schreibe ich.
Die Entscheidung für oder gegen die Verwendung eines Fachausdrucks musst Du laufend neu treffen. Ausnahme: Du arbeitest für eine einzige Publikation mit einer homogenen Leserzielgruppe. Ebenso muss Deine Strategie auf die jeweilige Situation passen. Ideale Lösungen gibt es dabei ebenso wenig, wie sichere Standardrezepte. Der ideale Text wäre auf jeden Leser einzeln angepasst. Zwar geht das nicht, aber das wichtigste Kriterium haben wir damit schon identifiziert — die Zielgruppe.
Arbeitest Du eng mit Deinem SEO-Agenten einer SEO-Agentur zusammen und lässt Deine Texte dort erstellen? Dann habt ihr bestimmt Guidelines definiert und auch schon über die Verwendung von Fachbegriffen eine Regelung getroffen.
Wen Du ansprechen willst, weißt Du in der Regel recht genau. Unklar ist dagegen, wen Du tatsächlich erreichst. Untersuchungen liefern bestenfalls ein unscharfes Bild der Besucher. Dieses Bild kann mitunter sehr wertvoll sein, wirklich weiter helfen aber konkrete Personen.
Besser als „Akademiker beider Geschlechter zwischen 30 und 40 Jahren” kannst Du Dir den Freund vom Verein vorstellen, der einen Magistertitel besitzt. Konkrete Beispiele führen zwar zu verengten Bildern der Zielgruppe, aber immerhin zu konkreten. Und es ist wichtig, sich konkret überlegen zu können, ob ein betreffender Ausdruck der Beispielperson einleuchtet, oder eben nicht.
In diesem Zusammenhang wird dich unser Beitrag zu User Personas interessieren. Mit Blick auf Content Marketing sind wir ebenfalls nochmal ausführlicher geworden. Große Unternehmen vertrauen bei der Identifikation der Zielgruppe nicht auf subjektive Einschätzungen. Anhand von Marktforschungsstudien und der Auswertung des eigenen Datenbestands versuchen die Unternehmen ein möglichst genaues Bild von ihren „typischen” Zielgruppenpersonen zu bekommen.
Wie weiss ich, ob ich ein Fachbegriff verwenden soll oder nicht?
Bevor Du nun anfängst, Deine Texte zu ändern, solltest du genauer hinschauen. Dabei solltest Du Dir die folgenden Fragen stellen:
Ist der Fachbegriff nötig? Wer einmal im Thema ist, erzählt gern mehr als nötig wäre. Ein guter Text schreiben heisst “Auf den Punkt kommen” Das ist gerade im Netz im Vergleich zu einer Printpublikation eine hohe Tugend. Ein Text sollte gut gekürzt sein, bevor Du an der Umschreibung von Ausdrücken feilst, die gar nicht hätten auftauchen müssen. Eine ketzerische Anmerkung: Ist ein auf den Punkt gebrachter Text wirklich das Nonplusultra für einen Internet-Text? Ein wortreicherer Artikel zu einem Thema wie “Fachbegriffe und gute Texte schreiben” hat gegebenenfalls bessere Rankingchancen als sein auf das wesentliche beschränkte Pendant von der Fokus Keyword Konkurrenz.
Ist er richtig verwendet? Fachausdrücke werden gern dazu benutzt, ungefähr zu formulieren. Wer über Gentrifizierung oder Web 2.0 schwadroniert, weiß manchmal selbst nicht genau, was er sagen will. Dabei ist Fachsprache ausschließlich dazu da, Dinge zu sagen, die man nicht besser allgemeinsprachlich ausdrücken kann.
Wem ist die Bedeutung klar? Hier werden die Beispielpersonen wichtig. Manchmal ist es nicht leicht, zu beurteilen, wer was weiß — gerade bei Netzthemen. „Link” ist inzwischen Allgemeingut (war es aber vor einigen Jahren noch nicht). „Blog” ist für viele immer noch eine Herausforderung, „Newsfeed” fast schon Expertenwissen. Wobei es eben auf die Zielgruppe ankommt. Für die werten Leser von Dr. Web sind Begriffe wie Link, Blog oder Newsfeed eben keine böhmischen Dörfer. Auf einem Fachportal dienen Fachbegriffe der besseren Verständigung.
Welche Strategien zum Umgang mit Fachbegriffen gibt es?
Grundsätzlich lässt sich fast alles erklären. Aber zu viel Erklärung macht den Text lang, führt zu viel Neues ein und unterfordert den Kenntnisstand derjenigen Leser, die alles schon vorher wussten.
Brav zu erläutern, was sich hinter einem schwierigen Wort verbirgt, ist nur eine mögliche Strategie — und oft nicht die beste. Viele Mittel stehen zur Wahl, wir fassen sie hier grob in drei Kategorien.
- Vermeidung: Ist das Wort schwierig und seine Bedeutung für den Text nicht zentral, dann lass es einfach weg.
- Umschreibung: Für viele sperrige Wörter gibt es allgemein verständliche Alternativen. Die müssen nicht genau dasselbe heißen, nur im jeweiligen Kontext dasselbe vermitteln.
- Übersetzen: Manchmal ist es wirklich am sinnvollsten, ein Wort einmal erklärend einzuführen und ab dann als bekannt vorauszusetzen. Webseiten, die so etwas häufiger machen, sollten ein Glossar führen. Oder Du setzt die Begriffsdefinitionen an das Ende des Textes, wo sie den Wortraum zu dem Thema erweitern.
Von wegen auf den Punkt gebracht… Geht es etwas konkreter?
Möglichst einfach zu schreiben, ohne die Intelligenz des Lesers zu beleidigen, ist schwierig. Texte, die keiner versteht, kann jeder schreiben. Versuchen wir uns an ein paar Beispielen aus dem Bereich Webdesign, wie man schwierige Wörter in der Praxis entschärfen könnte.
CMS: In diesem Falle würde es nicht sonderlich hilfreich sein, bloß die Abkürzung aufzulösen, die da wäre „Content Management System”. Steht das CMS wirklich im Zentrum des Interesses, dann muss der Begriff natürlich genau erklärt werden. Das füllt allein schon einen längeren Text. Bist Du Inhaber einer Digitalagentur und setzt selbstverständlich auf ein CMS, um Deinen Kunden einfache Bearbeitungsmöglichkeiten zu geben, schreibst Du etwa so: „Wir bauen Webseiten, die Sie selber ganz einfach pflegen können. Dazu setzen wir ein Redaktionssystem WordPress, auch als CMS bezeichnet, ein.“
PHP ist eigentlich unproblematisch. Denn so ein Fachausdruck gehört nur in Fachtexte, da wird er dann selbstverständlich verstanden. Woanders wird er hoffentlich gemieden.
Usability: Der Begriff ist für Webdesigner wichtig, um Kunden Design-Entscheidungen verständlich zu machen, oder die Notwendigkeit von Tests und Standards zu erklären. Also taucht er zwar häufig auf, wird aber von Lesern häufig genug nicht verstanden. Vermeiden kannst Du ihn oft nicht. Zuerst hilft übersetzen, denn die deutsche Bezeichnung (gute) Nutzbarkeit und Nutzerfreundlichkeit versteht sich leichter. Dann hilft meistens nur der Hinweis weiter, dass dieser Bereich ein fester Bestandteil eines professionellen Prozesses zur Erstellung einer Website ist und konkrete Auswirkungen auf deren Erfolg hat. Ins Detail zu gehen (Testverfahren, Erwartungskonformität) schadet oft eher, als es nützt.
Blog kannst du auf Verdacht verwenden. Treibt sich das Publikum nicht selbstverständlich im Netz herum, könntest du überlegen, den Begriff eher als „Web-Tagebuch“ oder „private Nachrichtenseite“ zu übersetzen. Na ja. Die Ur-Form dieses Artikels stammt aus 2008, ist also gefühlt 100 Internetjahre her. Also: Ein Blog ist ein Blog ist ein Blog. Gute Texte schreiben für ein Fachpublikum heißt auch mit der Zeit gehen.
Open Source gehört zur langen Reihe der Begriffe, für die sich Webdesigner begeistern, die Kunden aber meist nicht richtig verstehen. Bisweilen habe ich den Eindruck, dass es sogar Webdesigner gibt, die den Begriff nicht richtig definieren können. Situationsabhängig helfen Umschreibungen weiter. Manchmal ist in einem Text der Hinweis wichtig, dass sich aus dem Open Source-Gedanken eine internationale Szene gebildet hat, die über das Netz Software frei zusammen entwickelt und bereitstellt. Außerhalb des Boulevard kann „quelloffene Software“ völlig ausreichend sein. Mmmh. „Quelloffen“ ist nun auch wirklich nicht wesentlich erhellender für jemanden, der keine Ahnung von Software hat…
Gute Texte schreiben: Meint das immer Verständlichkeit um jeden Preis?
Allgemeinverständlichkeit ist ein Anspruch, der von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Ein Text kann nicht von allen verstanden werden. Dennoch ist Verständlichkeit eine der wichtigsten Herausforderungen für jeden, der schreibt.
Noch wichtiger ist aber, interessant zu schreiben. Gerade online wirst du für Langeweile schnell und hart bestraft. Der Nutzer ist im Nu weg, wenn er nicht das findet, nachdem er gesucht hat. Und Google dazu ist not amused. Deswegen musst Du stets eine Balance anstreben. Wer brav alles ausführlich erklärt, der liefert Infos, die viele Leser nicht haben wollen.
Gute Texte schreiben, das ist ein ständiges Abwägen zwischen den Polen „leichte Sprache“ und „Buzzword Bullshit Bingo“. Und gute Texte sind nicht das einzige Mittel um einen Besucher bei der Stange zu halten. Ein optisch ansprechendes Seitenlayout dient ebenfalls dazu, dass der User länger als nur ein paar Sekunden auf der Webseite verweilt.
Weiterführende Links:
So schreibst Du SEO-Texte richtig
Der Beitrag erschien erstmalig im November 2008 und wurde seitdem regelmäßig aktualisiert und inhaltlich der Entwicklung angepasst, zuletzt am 28. Januar 2022. (do)
3 Antworten
Die besten Empfehlungen wie zu formulieren ist, liefert Google selbst:
– Suchwort(e) eingeben bei Google (hier: Webdesign).
– Auf die Vorschläge in den SERPs achten (oben UND unten!).
Das ist die Sprache meiner Zielgruppe.
– evtl. für die benötigten Fachbegriffe wiederholen.
Für den Anfang eine gute Idee.
Allerdings wird man, gerade auch in Hinblick auf eine ernsthafte Suchmaschinenoptimierung, auf Dauer kaum um professionelle Tools wie Sistrix, Searchmetrics, Xovi u.a. herumkommen.
Als Webworker (muss ich hier nicht erklären), Werbetexter, Buchautor und Journalist muss ich alle Stile kennen und verwenden.
Zu ersterem: Meinen Kunden schicke ich am Jahresende einen Abschlussbericht, den ich möglichst einfach, sowie möglichst frei von Fachbegriffen halte und dennoch wird man schwer verstanden. Es liegt nun mal an der komplexen Materie, hier kann man nicht alles „übersetzen“, erklären.
Erfahrungsgemäß schrecken solche Erklärungen sogar ab, weil diese den Text verlängern. Begriffe aus der IT sind oft kurz, knackig und sagen UNS alles, dem anderen müsste dies mit einigen Sätzen eingedeutscht werden.
Wenn es sein muss, dann nur als Fußnote oder Link. (Was dann auch keiner verfolgt, liest)
Eines aber ließe sich einfachst vermeiden:
Der überbordende Hang zu Anglizismen, die Flut an gemischten Modewörtern, Kunstbegriffen durchseucht jede Branche, alle Gesellschaftsschichten.
Von 100 solcher Wörter sind 90 weiterhin besser in der (deutschen) Muttersprache zu belassen, wo sie seit langem klare Begriffe formen – deren neumodische Form aber nicht!
Mich ärgert diese übermäßige Verwendung solche Ausdrücke. Denn was will ein Autor, ein Sprecher damit bezwecken?
Mein Eindruck ist oft: Damit will man seine Klugheit hervorheben, den Leser oder Zuhörer mit Fachbegriffen zudecken, um … ja warum?