GIFs … Wir animieren uns zu Tode ☠
Früher gab es Seuchen. Heute haben wir den Klimawandel – und GIFs. Unangenehme Dinge, die man nicht mehr los wird. An GIFs stirbt man zwar nicht, aber ich bin sicher, sie können jugendliches Leben ruinieren und Altgehirnen den Rest verpassen. GIFs sind eine üble Pest.
Es hätte wirklich nicht sein müssen. Dieser Unfug war längst tot, ist plötzlich aber wieder überall zu finden. Was soll das?
Richtig gut drauf sein, das geht mit Fotos nicht mehr, schon gar nicht mit öden Stockfotos. In ist, wer Video nutzt. Wirklich hip hingegen ist nur das GIF. Kurze Minifilme in einer einzigen Grafik untergebracht … Komisch fühlt sich das an, denn das GIF-Format war schon einmal mausetot. Aber genau wie Schallplatten und Piraten ist es wieder da. Durch irgendeine Hintertür unversehens reingewimmelt und die Leute gehen drauf ab. Das willst du dann vielleicht auch haben. Aber überleg dir das nochmal.
GIF, das ist Flash für Arme. Du erinnerst dich an Flash? Ich hoffe nicht. Obwohl, wer das nicht erlebt hat, hat die nuttigsten Jahre des Internets verpasst. Da gab es immer was zu sehen. Auch wenn man die Kinder öfter reinnehmen musste. Die Professionelle wackelt mit dem Arsch, Content Marketing Profis winken mit der GIF Animation.
Zu viele Leute finden das – leider – witzig, schicken sich den Mist gegenseitig zu. Das gucken sich dann die Profis, die immer was neues brauchen, ab und verschicken auch ihre GIFs. Schon ist der wackelnde Wahnsinn überall. Ein Atomkrieg ist natürlich schlimmer, aber GIFs kommen gefühlt gleich danach. Besonders in Mailings und Newslettern steigt der Einsatz der bewegten Plagegeister rapide an. Ich bestelle alles ab wo so ein Mist zu sehen ist.
Hier Beispiele zu zeigen, konnte ich mir knapp verbieten. Aber du musst ja nicht lange gehen, wenn du welche sehen willst. Das nächste GIF wegelagert gleich um die nächte virtuelle Ecke.
GIFs sind ja sooo toll
Weshalb eigentlich? Weil es Trend ist. Weil die Jugend das macht. Weil es Spaß macht. Nee, natürlich nicht wirklich. Die Antwort muss lauten: Weil es billig ist. Die Dinger ersetzen echte Inhalte. Habe ich ein GIF, muss ich weniger Worte machen. Ideal für Firmen, die nichts für ordentlichen Content ausgeben wollen. Oder Unternehmungen, die nicht für Autoren zahlen wollen.
Der Praktikant sucht ein paar Grafiken bei GIPHY raus, das geht auch. Auch unterbelichtete Schmalspurredaktuere sitzen stundenlang vor der GIF Suchmaschine, um passende Grafiken für ihre Machwerke zu erspähen, anstatt etwas Vernünftiges zu schreiben, was ihr Job wäre. Schau dir das Beispiel aus dem Hause Zeit Online bei ze.tt an – auf eigene Gefahr.
Nichts lenkt mehr vom Lesen ab, als ein GIF. Schusswaffen einmal ausgenommen. Es spielt keine Rolle, ob unter oder oberhalb des Textes oder davon in die Zange genommen. Je schlechter der Artikel, desto höher darf der Anteil strapaziöser GIFs ausfallen. Da gleicht sich was aus.
Viele dieser Minianimation sind auffallend hässlich. Ein ästhetischer Ungenuß, was die Konsumenten aber nicht stört. Egal wie affrös das Gedöns, man guckt halt hin. Ein schneller Lacher ist immer drin. Gewisse Gefühle muss man ausleben dürfen. Was früher die Bad Taste Party war, dafür ist heute das GIF zuständig.
Ein GIF erbettelt die Aufmerksamkeit geradezu. Wer GIfs anschaut, sieht bestimmt auch Unfallopfern zu – sofern die sich noch regen. Es geht nicht um Ästhetik. Denn GIFs sprechen ein uraltes Erbe in uns an.
Dressierte Affen
Dass GIFs überhaupt funktionieren, liegt in unseren Genen. Was sich bewegt, zieht unsere Aufmerksamkeit auf sich. Das funktioniert instinktiv immer. Der Mensch ist seit seiner Zeit als Startup in der afrikanischen Steppe darauf geeicht, Bewegung wahrzunehmen. Wir können das wirklich gut. Was jeder an sich selbst beobachten kann. Und wir sind in dieser Hinsicht extrem leicht zu erregen. Wer GIFs einsetzt, nutzt das Erbe der Vorzeit aus. Es ist ein Trick, eine Manipulation, ein Reflex. Wir können nichts dagegen tun.
Auch in puncto Ladezeit sind die lästigen GIFs einfach unterirdisch. Allein das konterkariert sämtliche Bemühungen, um schnelle schlanke Seiten. Klebe ein GIF in dein Posting rein und du hast einen scheiß Amboss, aber keine performante Webseite mehr. Der animierte Irrsinn nämlich misst sich in Mega- nicht in Kilobyte. Das ist technisch bedingt.
Wie kommt die Animation wohl in die Grafik? Indem mehrere Bilder hintereinandergeschaltet werden. Man hat Dutzende davon in einer Datei. Es ist wie ein Film. Logisch, dass sich das überkritisch auf die Dateigröße auswirken muss. Wer käme auf die Idee, 35 Bilder hintereinander in ein Post zu stopfen? Rein von der Menge her – und wenn man nicht gerade ein Fotoblog hat. Mit einem GIF hast du das in einem Aufwasch erledigt und ziehst dein Blog runter. Es gibt bessere Bildformate.