Das Englische ist auf dem Vormarsch. Die Beobachtung ist nicht neu. Muss man auch gar nicht schlimm finden. Wäre es nicht schön, könnten wir alle mit derselben Zunge sprechen? Das Englische vereint, wie es aussieht, alle Vorteile auf seiner Seite.
Mir fällt auf, dass zunehmend mehr Blogger und Bloggerinnen – nicht nur im Lifestylebereich – immer vehementer zur englischen Sprache tendieren. Sie schreiben zwar auf Deutsch, inszenieren sich aber mit Vorliebe in einem englischsprachigen Rahmen. Ein Thema, das ich hier zur Diskussion stellen möchte.
Denken Beautybloggerinnen über Sprache nach?
Der Ausgangspunkt für ein solches Blog ist ein englischsprachiges Theme. Ein entsprechender Domainname und die Navigation auf Englisch kommen passenderweise gleich hinzu – mit Ausnahme unvermeidlicher deutscher Juristereien wie Impressum oder Datenschutz. Ganz selbstverständlich halten Ausdrücke der englischen Sprache Einzug in jeden Bereich eines Blogs – und nicht nur da.
Menü in Carolins Lifestyleblog mit ansonsten deutschsprachigen Texten
Das Theme bildet die Grundlage. Seine Sprache wird nicht in Zweifel gezogen. Sie ist einfach vorhanden. Themes sind eben so. So geht bloggen heutzutage. Wie könnte es anders sein? Ich hatte es vor ein paar Monaten noch als Faulheit oder Bequemlichkeit gegeißelt. Lag da aber wohl falsch.
Im nächsten Schritt werden auch Überschriften, Zwischenüberschriften, Begrüßung, Anreißer, Handlungsaufforderungen auf Englisch abgefasst. Das schlägt dann bis auf die Texte durch. Inklusive einer soliden Prise üblicher Sprachfloskeln.
Hey y’all!
Woher kommt das? Ich schätze, viele denken über diese Frage nicht bewusst nach. Wieso auch. Blogger folgen ihrem Herzen und Gedanken. Es ist keine Absicht. Sondern Trend. Und was man da vorfindet, sind fast immer englischsprachige Themes und Dienste – auch wenn die sich freundlich auf Deutsch präsentieren. Das stellt niemand mehr infrage. Es ist eben so. Die Basis ist Englisch. Man bemüht sich gar nicht erst um eine Möglichkeit, etwas zu übersetzen. Wozu auch? Versteht sowieso jeder. Und wer nicht, der gehört nicht dazu.
Was sicherlich seine Ursache nicht nur im Internet hat. Der Konsum allgemein, egal ob Medien oder Produkte ist hierzulande international und damit vorwiegend englisch.
Ich erinnere mich noch daran, wie es war als Social Media aufkam. Als jemand, der darüber schrieb, musste ich überlegen wie ich begrifflich damit umgehen sollte. Sollte ich wirklich ‘soziale Medien’ schreiben, als direkte Übersetzung? Mir schien das völlig falsch, denn im Deutschen ist der Begriff ‘sozial’ schon belegt. Das konnte man nicht machen. Also drum herum schreiben, etwas Eigenes erschaffen (mir schwebte der Begriff Mitmachweb oder -netz vor) oder eben das englischsprachige Original verwenden.
Auch die Bloggersprache ist von englischen Begriffen durchdrungen, ja besteht weitgehend daraus. Manche verwenden wir parallel, du kannst Kopfbereich oder Header sagen und mit beiden einem Satz bestücken. Begriffe wie Posting, Page, Up- oder Download sind uns vertraut wie Wochentage. Nicht wenige schreiben Gallerie, statt Galerie, weil sie es vom englischen Gallery so gewohnt sind.
Gemeint sind nicht die Blogs, die von Deutschsprechenden auf Englisch geschrieben werden. Die gibt es selbstverständlich auch. Die fallen bloß nicht auf, da man ihnen nichts ansieht. Ist ja auch egal, woher der Blogger stammt, wenn er für alle schreibt.
Englisch waren Internet und World Wide Web immer schon. Das WWW wurde zwar in der Schweiz erfunden, aber von einem Briten. Bald darauf wurde es von amerikanischen Unternehmen übernommen, denen es heute in weiten Teilen gehört. Ich denke, das darf man so sagen, wenn man sich auf den westlich geprägten Teil der Welt beschränkt. Immerhin hat das WWW eine mehr als zwanzigjährige Entwicklung hinter sich. Global war es schon immer.
Style & Erfolg
Heute geht es oft vor allem darum, stylish zu sein. Da kommt das Englische gerade recht. Ein Grund dafür sind die Vorbilder, an denen sich vor allem junge Leute orientieren. In Klein Bloggersdorf will heute niemand mehr leben.
Englisch ist nicht einfach nur cooler, es funktioniert vielleicht auch besser. Englisch bringt mehr Klicks. Kann das sein? Hat das mal jemand gemessen?
Heraus kommt jedenfalls eine oft wilde Mischung zweier Sprachen. Die englische Sprache wirkt dann für mich wie ein Make-up fürs Blog, eine Verpackung, wie eine übertriebene künstliche Deko. Sie soll es interessanter machen. Aber ist es das wirklich – oder doch nur vermeintlich?
Kein Tool, sondern ein A-Z ist der Anglizismenindex des Verein Deutscher Sprache. Klicke auf die Buchstaben, um eine Liste und weitere Informationen zu erhalten.
Mich wundert es, wenn Blogger ihre Überschriften auf Englisch texten. Ich schätze, das gibt doch böses SEO Karma. Oder sucht jemand mit englischen Begriffen und erwartet Ergebnisse in Deutsch? Öfter scheint es mir umgekehrt der Fall zu sein. Google Trennschärfe war eh nie besonders hoch. Oder sind Headlines auf Englisch so erfolgreich, dass man auf SEO pfeifen kann?
Modeblogger Menü
Vertrauen wir unseren Wörtern nicht mehr?
Liegt das nur am Internet oder steckt mehr dahinter? Misstrauen der eigenen Kultur gegenüber? Oder finden wir sie einfach nur langweilig angesichts moderner Zeiten oder der Sache nicht mehr angemessen?
Warum schreibt man überhaupt auf noch Deutsch? Weil man sich in dieser Sprache wohlfühlt. Weil man es am besten kann. Weil es zur Lebenswirklichkeit passt. Es ist wie bei Muttern Mittag essen. Das fühlt sich heimelig an, erstrecht wenn man am Wochenende aus New York eingeschwebt kommt. Aber nur privat, nicht mehr in der geschriebenen Öffentlichkeit.
Wie siehst du es? Gibt es eine Entwicklung? Wirst auch du dem Trend folgen? Können mehr deutschsprachige Themes etwas bewirken? Was bedeutet dir die deutsche Sprache? Ist die noch wichtig, oder kann sie bald weg? 🚮
Werkstattbericht 🔧
Im Beitragsbild verwende ich die folgenden Google Fonts: Tulpen One und Slabo 27px. Das Teetassenfoto fand ich bei Pixabay.