Designinspiration entspringt den ulkigsten Quellen. Das neue DDR-Handbuch aus dem Taschen-Verlag ist definitiv eine, mit der du nicht gerechnet hast.
Heiße Designinspiration aus dem kalten Krieg
Ausgerechnet das DDR-Handbuch soll dich inspirieren? An sich verbindest du mit der DDR eher kalten Krieg und den alten Witz:
Kommt eine Frau in einen Lebensmittelladen in der DDR und fragt die Verkäuferin: “Entschuldigen Sie, gibt es hier keine Bananen?” Antwortet die Verkäuferin: “Nein, keine Bananen gibt es nebenan. Hier gibt es keinen Kaffee.”
Warum also sollte nun ein Buch über einen untergegangenen Staat interessant für dich sein? Der erste Grund ist offensichtlich. Das DDR-Handbuch kommt aus dem Taschen-Verlag. Und eben jener ist ein Kunstbuch-Verlag. Hier geht es also nicht um politische und gesellschaftliche Fragestellungen, obschon solche auch vorkommen. Sondern hier geht es um die DDR als Anschauungsobjekt.
Das Wende-Museum in Los Angeles als Buch
Das DDR-Handbuch zeigt auf mehr als 800 Seiten mehr als 2.000 Stücke aus der Sammlung des größten Museums zur DDR, nämlich dem Wende-Museum in Los Angeles. Das Wende-Museum wurde jüngst umgebaut und massiv erweitert. Seit dem letzten Monat ist es wieder für den Besucher geöffnet.
Entsprechend zeigt das DDR-Handbuch erwartungsgemäß auch Kunstgegenstände aus dem “Osten”. Ebenso findest du allerdings Alltagsgegenstände, Werbung, Symbole und andere Ausdrucksformen des politischen Konformismus oder der Opposition, alles in allem ein Sammelsurium aus kuriosen, tragischen und witzigen Elementen.
Das Buch ersetzt übrigens nicht den empfehlenswerten Besuch des Wende-Museums, denn in eben jenem findest du über 100.000 Exponate, ein Vielfaches des Buches. Wenn du also mal in Los Angeles weilst…
Ist Material Design am Ende von Honecker?
Mir kamen im Laufe des Buches leise Zweifel, ob etwa Material Design tatsächlich von Google ersonnen wurde oder nicht doch schon einen viel früheren Ursprung hinter dem eisernen Vorhang geltend machen könnte. Im DDR-Handbuch wird nicht moralisiert oder mit dem politisch korrekten Zeigefinger auf die Vergangenheit gewiesen. Das Buch dreht sich einzig um die visuelle und materielle Kultur der DDR, wie sie sich im Alltag der Menschen darstellte.
So macht es auch Wessies wie mir einfach Spaß, durch das Werk zu blättern, dass es übrigens mittlerweile in einer etwas handlicheren Form zu weitaus weniger Geld, nämlich für nur noch 29,99 Euro, gibt.
Du musst in keiner Weise affin zu Geschichte oder Kultur des sogenannten Ostblocks sein, um mit dem DDR-Handbuch etwas anfangen zu können. Sicherlich kann ich als jemand, der als Kind mehrmals im Jahr im “Osten” war, eine intensivere Beziehung zu so manch gezeigtem Artefakt aufbauen, aber du als an Bildsprache interessierter Designer wirst dennoch einen Nutzen aus diesem kulturgeschichtlichen Sammelsurium ziehen können.
Kauf dir das Buch direkt beim Verlag. Du wirst deine helle Freude am DDR-Handbuch haben.
56 Antworten
Meine Erinnerung an die DDR: Die Fahrt als 3-Jähriger zu fünft im engen Trabbi und ein Sturz auf den Boden beim Versuch eine Rutsche auf dem Kinderspielplatz runter zu rutschen.
Das klingt wirklich interessant! Ich kann mich noch an meinen allerersten (und dann historisch letzten) Besuch der DDR 1989 im Oktober erinnern. Abschlussfahrt Stufe 12. Und in Ost Berlin mussten wir Champagner trinken, um unsere Devisen loszuwerden…
Ja, so eine Erinnerung habe ich auch. Es war 1987. Und das Geld war kaum auszugeben.Wir haben dann in den Bars immer nur “das Teuerste, bitte” bestellt. Beliebt hat uns das sicher nicht gemacht.
Zu jung! Aber der Trabi steht heute noch in Garage von meinem Vater 😀
Als 1976 in der DDR Geborener kann ich mich sehr gut an viele abgebildeten Dinge erinnern. Schon sehr interessant, wie identitätsstiftend diese Alltagsgegenstände waren und wie wenig sie heute präsent sind. Dank solch Bücher fühlt man sich nicht ganz so fremd im eigenen Land – auch ohne allen Pathos und Ostalgie.
Ich erinnere mich an meine erste Fahrt über die Transitstrecke und dem anschließenden eintägigen Besuch in Ost-Berlin bei meiner Patentante, inkl. Spiegel unter dem Auto, die teilweise anmutigenden (Kriegs-)ruinen den Hoppelasphalt vor den Ampeln, den Besuch im Restaurant (gänzlich leer) und den Nachbarn von der “öffentlichen” Behörde. Das war für ein 13 jährigen Bub schon aufregend, spanend, etwas beängstigend aber auch vor voller Hochachtung…
Ich habe leider keine DDR-Erinnerungen aber jemandem dem ich das Buch schenken könnte 🙂
Ich erinnere mich an die Klassenfahrt 1978 nach Berlin mit obligatorischem Besuch Ost-Berlins. Zwangsumtausch und nix zu kaufen…
Das ist doch mal eine runde Sache! Obwohl es wenig gab, war Design für einige Produktentwickler keine Fremdsprache im Sozialismus. Wenn auch viel zu oft die Genossen neue Dinge abschmetterten, siehe PKW Entwicklung etc. Ich würde mich sehr über dieses Kompendium freuen, vieles hat man inzwischen ja schon wieder vergessen 😉
Ich erinnere mich an Besuche in Rostock in den 80ern. Die Ossi-Kinder waren vor allem an Kaugummi interessiert und konnten es gar nicht fassen, dass ein Wessi-Kind nicht ständig Kaugummi kaute. Da ich heutzutage auch im Bereich Design unterwegs bin, würde ich mich sehr über dieses schöne Buch freuen!
Ich bin im Westen groß geworden und habe die DDR damals direkt nach der Öffnung der Mauer besucht. Vieles war rückständig, aber aufgrund der unfreien Marktwirtschaft waren die DDR-Bürger gezwungen, aus einer anderen Perspektive zu denken. Ich würde mich sehr über dieses Buch freuen. Eine Zeitreise in Bild und Schrift ist sicherlich sehr nett …
Ich erinnere mich noch gut an mein grünes Klapprad…leider auch schmerzlich, da der vershluss am Konsum geöffnet wurde und man dann sehr schlecht Kurven fahren kann. Na ja…bin trotzdem groß geworden. Die Zeit in der DDR hatte auch viele schöne Seiten an denen man sich gerne Erinnert.
Das ist mein Kommentar – ich will das Buch!
Die Alte Juwel, 2. Schachtel von links im Bild, war unsere Lieblings-Zigarettenmarke (2,50 Mark der DDR für 20 Stück).
Meine Erinnerungen an die DDR sind eher Kulinarischer Natur! Würzfleisch ist nach wie vor etwas sehr leckeres! Was mich aber beeindruckt hat war die Freundlichkeit und Kontaktfreudigkeit der Leute trotz dem Regiems aus Bespitzelung und Denuziantentum. Da könnten sich noch heute viele Wessis was davon abschneiden!
Mein einziger Kontakt mit der DDR war die klassische Klassenfahrt in der 10. nach Berlin und den einen Tag in Ost-Berlin.
Das “Ampelmännchen” im Bild ist eigentlich das “Sandmännchen”.
Ersteres war normal, zweites Kult.
Ich erinnere mich an vieles. Weißkraut, Rotkraut, Cubaorangen und Kartoffeln gab es immer beim Gemüsehändler. Beim Design gab es auch gute Beispiele wie z.Bspl. Stehlampen, Stühle und Tische.
Ich habe mich als Wessi-Kind gewundert, dass die da “drieben” eigene Zahnbürsten haben, wo doch Eigentum Diebstahl war.
Meine Erinnerung sind die Erzählungen von meinen Papa, der als Monteur immer nach West-Berlin musste und dafür durch die Transitzone musste. Für ein paar Zigaretten manchmal auch schneller 😉
Ha, den Gartenstuhl auf dem Bild hatten wir auch! Ich finde, dass es im Osten auch viele praktische Produkte gab, die nicht als sexy galten, aber aus heutiger Sicht einfach zeitlos, schnörkellos schön waren.
Mein persönliches Highlight aus der DDR ist eine physikalische Formelsammlung im PVC-Einband. Der Inhalt ist abolut genial und um Klassen besser als jedes “Westbuch” seinerzeit, aber im PVC war soviel Weichmacher drin, dass er die ganz Wohnung mit seinem Gestank erfüllte. Da half nur in Folie einschweißen …
als Kind in der DDR war es einfacher und sicherer. Bei Dunkelheit sollten wir zu Hause sein und im Sommer wurde es spät dunkel 😉 Dann bekam ich eine Uhr, die 1. verlor ich, die 2. funktionierte nicht, die 3. verlor ich und dann konnte ich wieder bei einbrechender Dunkelheit zu Hause sein 😀
Natürlich kann ich mich noch an viele Dinge aus der DDR erinnern, ich bin ja schließlich dort aufgewachsen. Und es gab auch großartiges Design, ob nun Produktdesign, wie z.B. der Badusan-Fisch, oder Grafikdesign von Rolf F. Müller (u.a. der Goldene Spatz).
Oh ja, da werden Erinnerungen wach. Die Lampe mit Sandmann haben wir selber gehabt 🙂
Ich selbst als Wessi habe leider keine wirklichen Erinnerungen an die DDR. Aber an den Mauerfall und an David Hasselhoff, da kann ich mich noch dran erinnern.
Ich bin leider zu jung um das ganze miterlebt zu haben, bin aber durch viele “Ostdeutsche” Bekanntschaften viel mit dem Thema in Berührung gekommen. Und über Bücher freut sich doch jeder 😉
Ach ja, das kommt ja alles wieder. Wenn man nur einfache Mittel zur Verfügung hat, muss man halt kreativ sein. Und es kann ja nun keiner behaupten, dass das DDR-Ampelmännchen nicht nur schöner sondern auch funktional besser ist als der West-Kollege.
Ich fand die vielen kleinen “Stützpunkte” gut, in denen man Getränke & Süßigkeiten kaufen konnte. Das war grad bei Radtouren und nach diesen sehr toll!
Ich war nie in der DDR aber als die Grenzen aufgemacht wurden, da war ich etwa 12J., wollte ich unbedingt einen Trabbi als Auto für mich haben, ich fand ihn damals wie heute immer noch KULT
… haben haben haben … wir hatten doch nüscht*
*sächsisch für: Nicht das, was wir wollten, aber trotzdem überlebt
Das muss genauso wie ein Besuch im DDR-Museum eine tolle Zeitreise sein! 🙂
nehmen ich!
Den Sozialismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf! 😀
— Markus
Auch wenn nur ein Exemplar extreme Verknappung bedeutet – Schenkt es mir! Bitte! Meine Jahresendzeitfigur und ich würden vor Freude Luftsprünge machen! Schickts mir das Paket bitte mit der Aufschrift: “Geschenksendung! Keine Handelsware!” zu. Danke! 🙂
Dieses Buch wäre genau die richtige Weihnachtsüberraschung für meine Familie und mich, durchblättern, bekanntes und unbekanntes Entdecken. Ich war damals noch recht klein, aber an paar Dinge kann ich mich noch gut erinnern, wie z.B. den himmelblauen Trabi, der in der Hofeinfahrt stand oder die Besuche im Konsum mit der Oma auf dem Nachhauseweg vom Kindergarten.
Wie hieß das doch gleich… Grüne Wiese!!! Lecker 😛 Ich würde mich sehr über das Buch freuen. Ich wüsste auch schon mit wem ich es anschaue und was wir dazu trinken …
Ich kann mich an alles in der DDR erinnern, schließlich bin ich dort hineingeboren, aufgewachsen und habe da gelebt.
Die Menschen haben auch gearbeitet und sind kameradschaftlicher mit sich umgegangen. Wenn wir was nicht hatten, haben wir improvisiert oder uns gegenseitig, oft durch Tausch, geholfen.
Die Frösi war damals die Kinderzeitung… 🙂 Papas Wartburg natürlich!
Lange ging es für mich nicht, aber ich war dabei. ;o)
Ich erinnere mich als unsere Familie das erste Mal ein Auto hatte, einen Trabant nach nur 10 Jahren Wartezeit geliefert 1990, endlich Freiheit.
DDR-Werbefernsehen war damals ein “Muss”, “Tausend Tele Tipps” am Samstag Pflicht – wegen der kurzen Trickfilmchen darin. Da gab’s dieselben Sachen wie bei uns nur mit lustigen Namen wie den Rasierapparat “BeBoScher” vom Kombinat Bergmann Borsig.
Das halbe Leben in der DDR verbracht. Unvergesslich bleiben wohl die 5-Pfennig-Brötchen, stinkende Trabis und rosa Papiernelken zum 1. Mai.
Ich bin sozusagen Westberliner und habe ebenfalls Werbefernsehen made DDR gesehen. Ein Spot ist mir bis heute in Erinnerung geblieben, ein Schmerzmittel mit dem treffenden Namen”Schmerz lass nach”. Da hat sich doch einer wirklich Gedanken über die Vermarktung gemacht.
Sehr gut. Nix mit Kunstnamen. Statt Dobendan® – Halsschmerz weg® 🙂
Spannendes Buch! Ein super Geschenk für Weihnachten 🙂
Leider etwas zu Jung um das richtig mitbekommen zu haben. Aber ich weiß, dass das DDR-Sandmännchen das Bessere war 🙂
Als Kind des wilden Ostens würde ich mich besonders über so ein Buch freuen. Gute Vorstellung, gute Aktion hier.
Als Familienmitglied muss die Glücksfee an dir vorbeischweben 🙂
Ist auf jeden Fall mal was anderes 😀
Als Trabantfahrer, der zur Wendezeit aufgewachsen ist sicher eine gute Lecktüre.
Es war einmal vor meiner Zeit – Ideen, die ich nie erlebt habe
Interessante Lektüre
Klar kann ich mich erinnern, …. mein Vater hat im Konsum nur eine begrenzte Anzahl an Flaschen Bier(glaube 4 Stck.) der Marke Radeberger bekommen….oder Pioniernachmittage, meinen Pionierhalstuch-Knoten hab ich nie so schön hinbekommen, wie die Mädels in der Klasse 🙂 …oder Ferienlager, was von den Betrieben der Eltern bewerkstelligt wurde…gab schon echt tolle Dinge…
Ich habe rund 37 Jahre unfreiwillig im sogenannten “DDR-Sozialismus” leben müssen. Der Begriff “Sozialismus” wurde durch den DDR-Staat diskreditiert – es gab nur diese menschenverachtende Diktatur. Es gab permanente Mangelerscheinungen. Es gab keine Reisefreiheit. Es gab selten Südfrüchte – meist nur Rot- und Weißkohl in den Läden. Es gab für privilegierte DDR-Kader ein spezielles Versorgungssystem bestand. Viele Leute mit SED-Parteibuch waren Parteimitglieder aus Karrieregründen. Die Schriften von Karl Marx und Friedrich Engels hat die meisten SED-Mitglieder wenig bis gar nicht interessiert – sie haben die Losungen der zentralen Parteizeitung “Neues Deutschland” nachgeplappert, um sich bei Vorgesetzten einzuschleimen. Als 1989 die Mauer fiel, warfen 95% dieser SED-Mitglieder ihr Parteibuch ins Feuer und hingen erneut ihr gewendetes Mäntelchen in den Wind des Geschichtssturms.
Jeder, der hier oder anderswo über das “interessante” Leben und das Design der DDR schwadroniert, hat offenbar nie in dieser – gottseidank untergegangenen Diktatur – bewußt gelebt. Ich musste fast die Hälfte meines Lebens hinter der Berliner Mauer leben. 1990 habe ich mit Freude und Genugtuung die Stasi aufgelöst und eine neue Politik mitgestaltet. Auf DDR-Design kann ich für den Rest meines Lebens verzichten. Jetzt ist die DDR zwar in den Büchern gelandet – aber leider gibt es zu viele Zuschauer, die sich nur für die glatte Design-Oberfläche der Diktatur interessieren.
Du hast natürlich recht. Dieses Buch dreht sich um Gegenständliches aus der DDR, die so gar nicht demokratisch war. Dass die Lebenswirklichkeit vieler Menschen jenseits der Mauer nichts Nostalgisches hatte und beim Anblick der Buchseiten keine Freude aufkommt sei unbenommen.
Du kannst einem echt Leid tun. Ich habe auch über 32 Jahre in der DDR gelebt. Ich betone gelebt. Wenn man nur das negative aus einer Sache herauszieht, ist irgend etwas falsch. Ich hatte eine glückliche Kindheit, ich habe meine Jugend herrlich gelebt. Es gab nicht nur Negatives in der DDR.