Durch die Unternehmenssteuerreform wurden die Abschreibungen auf langlebige Wirtschaftsgüter einmal mehr erschwert. Mit der Sammelposten-Grauzone zwischen 150 Euro und 1.000 Euro gibt es außerdem eine ganz neue Abschreibungs-Kategorie. Wir zeigen, was sich hinter den geänderten Wertgrenzen verbirgt und erläutern, welche Auswirkungen sie auf die Einkaufs- und Buchführungspraxis haben.
Wer Einrichtungsgegenstände, Computer und Bürogeräte, Werkzeuge, Fahrzeuge, Maschinen oder andere „Anlagen“ für seinen Betrieb kauft, darf die Anschaffungskosten bedauerlicherweise nur zum Teil im Jahr der Anschaffung als Betriebsausgabe geltend machen. Hintergrund: Weil solche Wirtschaftsgüter in aller Regel über das Jahresende hinaus genutzt werden können, verlangt das Finanzamt eine Verteilung des Aufwands auf mehrere Jahre.
GWG-Reform 2008
Seit Anfang 2008 ist die Sache nun wieder einmal erschwert worden: Bislang galten die meisten Einkäufe im Netto-Warenwert von bis zu 410 Euro als „geringwertige Wirtschaftsgüter“ (GWG). Die mindern den Gewinn im Jahr der Anschaffung in voller Höhe – ganz gleich wie lange sie genutzt oder zu welchem Zeitpunkt im laufenden Jahr sie eingekauft wurden. Im Rahmen der jüngsten Steuerreform ist die GWG-Grenze nun auf 150 Euro gesenkt worden.
Alte Abschreibungsregeln weiterhin gültig!
Bitte beachten Sie: Die im folgenden beschriebenen neuen Vorschriften – insbesondere die Einführung des Sammelpostens und die Abschaffung der degressiven Abschreibung – betreffen nur Wirtschaftsjahre, die „nach dem 31.Dezember 2007 beginnen“. Sofern Sie sich derzeit zum Beispiel mit dem Jahresabschluss des Jahres 2007 beschäftigen, gelten noch die alten Wertgrenzen:
- 0 Euro bis 60 Euro: Verbrauchsgüter (Sofortabschreibung)
- 60,01Euro bis 410 Euro: Geringwertige Wirtschaftsgüter (Sofortabschreibung mit Bestandsverzeichnis)
- über 410 Euro: lineare oder degressive Abschreibung.
Zurück zu den drei neuen Wertgrenzen: Ab 2008 sieht die Abschreibungspyramide folgendermaßen aus:
Kategorie I: Sofort abschreibbare Verbrauchsgüter
Für alle selbstständig nutzbaren Wirtschaftsgüter, deren Netto-Wert inklusive Porto, Verpackung (aber abzüglich Rabatten und Skonto) 150 Euro nicht überschreitet, gilt die sogenannte Verbrauchsfiktion. Das heißt: Obwohl der Kugelschreiber, Bürostuhl oder auch die Digitalkamera länger als ein Jahr genutzt werden können, dürfen Sie die Kaufpreise bereits im Jahr der Anschaffung in voller Höhe als Betriebsausgabe geltend machen! Besondere Nachweise darüber müssen Sie nicht erbringen: Eine ordentliche Rechnung reicht. Bis zur Kleinbetragsgrenze von 150 Euro brutto (= 126,05 Euro netto) genügt sogar ein einfacher Kassenzettel. Über Verbrauchsgüter brauchen Sie auch kein separates Verzeichnis zu führen.
Wichtig: Die Verbrauchs-Unterstellung greift nur dann, wenn es sich um eigenständig nutzbare Wirtschaftsgüter handelt. Ersatzteile, Zubehör oder Erweiterungen werden dem dazugehörigen Hauptgerät zugerechnet: Sie erhöhen dessen Wert und werden als Ganzes abgeschrieben. Das gilt nicht zuletzt für Computer-Peripheriegeräte wie zum Beispiel Router oder Drucker, die ohne Anschluss an einen Rechner nicht funktionsfähig sind.
Kategorie II: Jährlicher Abschreibungs-Pool
Einkäufe im Nettowert zwischen 150 Euro und 1.000 Euro müssen künftig in einem einheitlichen Sammelposten zusammengefasst werden. Obwohl die ominösen Abschreibungs-Pools nun bereits seit Monaten gültiges Recht sind, ist ihre Handhabung in der Praxis nicht nur den meisten Selbstständige und Unternehmern unklar, sondern auch vielen Finanzämtern. Hier die wichtigsten Informationen und Tipps im Überblick:
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Alle selbstständig nutzbaren Anschaffungen landen jahresweise in einem einzigen großen Topf: „Sammelposten 2008“, „Sammelposten 2009“ etc.
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Ein Sammelposten gilt nicht als Teil des betrieblichen Anlagevermögens.
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Sein Gesamtwert ist auf fünf Jahre zu verteilen.
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Besondere Aufzeichnungsvorschriften gibt es nicht: Um den jährlichen 20-prozentigen Abschreibungsbetrag ermitteln zu können, benötigen Sie lediglich einen Überblick über die Wirtschaftsgüter zwischen 150 und 1.000 Euro. Sofern Sie derartige Anschaffungen mithilfe Ihres Buchführungsprogramms auf einem separaten Konto erfassen (z. B. Datev-SKR03 Konto „0485 Sammelposten“), reicht das völlig. Als Einnahmeüberschussrechner genügt aber auch eine schlichte Computertabelle oder eine handschriftliche Liste – am besten mit Kaufzeitpunkt, eindeutiger Bezeichnung sowie Anschaffungskosten. Das sieht dann zum Beispiel so aus:
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Das Finanzamt sieht in dem jährlichen Sonderposten eine fiktive Einheit, das heißt: Mit Aufnahme in den Sonderposten verlieren die einzelnen Bestandteile ihre eigenständige Existenz. Ob der im April 2008 gekaufte Overheadprojektor im Dezember 2012 tatsächlich noch Verwendung findet oder aber in der Zwischenzeit längst verkauft, gestohlen oder entsorgt wurde, interessiert das Finanzamt nicht: Der 20-prozentige Abschreibungsbetrag auf den „Sammelposten 2008“ (im Beispiel 506,22 Euro) geht im Jahr 2012 in unveränderter Höhe als Betriebsausgabe in die Einnahmeüberschussrechnung ein.
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Es gibt kein Wahlrecht: Gehört eine Anschaffung wertmäßig in den Sammelposten, dürfen Sie stattdessen keine normale Abschreibung über die betriebsgewöhnliche oder tatsächliche Nutzungsdauer vornehmen! Das hat zur Folge, dass ein an sich erfreulicher Preisnachlass von ein paar Euro steuerlich ziemlich unerfreuliche Folgen haben kann: Angenommen Sie kaufen einen Laptop für 1.029 Euro (netto) und der Verkäufer gewährt Ihnen 3 % Skonto (= 30,87 Euro): Dann bezahlen Sie unterm Strich zwar nur 998,13 Euro. Das Gerät gehört damit jedoch nicht ins Anlagevermögen, sondern wird Teil des Sammelpostens. Die Folge: Statt über drei Jahre (wie bei der klassischen Abschreibung), müssen Sie das Gerät nun über fünf Jahre abschreiben! Ein Teil des Kaufpreises wirkt sich also erst sehr viel später Gewinn mindernd aus.
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Umgekehrt: Bei Wirtschaftsgütern mit langer „betriebsgewöhnlicher Nutzungsdauer“ (wie zum Beispiel Büromöbeln, die standardmäßig über 13 Jahre abgeschrieben werden müssen), lohnt es sich, mit dem Händler über einen zusätzlichen Preisnachlass zu verhandeln: Dass die 1.000-Euro-Marke für Geschäftskunden neuerdings nicht mehr nur eine psychologische Schmerzgrenze darstellt, weiß der Handel übrigens genau. Sie dürfen also mit Verständnis und Entgegenkommen rechnen.
- Ebenfalls erfreulich: Auf den Anschaffungszeitpunkt innerhalb des ersten Jahres kommt es bei Sammelposten-Einkäufen nicht an: Anders als bei der klassischen Abschreibung brauchen Sie den Wert des Sammelpostens nicht monatsgenau zu ermitteln.
Kleinunternehmer-Sammelposten: brutto oder netto?
Gute Nachricht auch für Kleinunternehmer: Bei der Ober- und Untergrenze für die Aufnahme in den Sammelposten handelt es sich immer um Nettowerte. Kauft ein nicht Vorsteuer abzugsberechtigter Unternehmer einen Schreibtischstuhl für 150 Euro plus 19 % Mehrwertsteuer, dann ergibt das eine Betriebsausgabe von insgesamt 178,50 Euro: Für Kleinunternehmer stellt nämlich auch der Umsatzsteueranteil eine Betriebsausgabe dar. Da der Nettowert die 150-Euro-Grenze nicht überschreitet, handelt es sich bei dem Möbel trotzdem noch einen sofort abschreibbaren Verbrauchsgegenstand, der nicht in den Sammelposten aufgenommen werden muss!
Kategorie III: Konventionelle Abschreibung
Die klassische Abschreibung setzt ab 2008 erst bei Anschaffungskosten von über 1.000 Euro ein. Außerdem ist die bis einschließlich 2007 zulässige degressive Abschreibung nicht mehr erlaubt. Der Wertverlust abnutzbarer Wirtschaftsgüter muss ab 2008 also immer gleichmäßig über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer verteilt werden.
Beispiel: Weil ein Computer nach Ansicht des Finanzamts üblicherweise drei Jahre lang genutzt wird, akzeptiert es für den Laptop im Wert von 1.800 Euro im Jahr der Anschaffung und den beiden Folgejahren jeweils eine Betriebsausgabe von 600 Euro. Voraussetzung ist allerdings, dass Sie das Gerät im Januar gekauft haben: Jede Verschiebung des Einkaufs um einen Monat mindert die Jahres-AfA um ein Zwölftel. Beim Kauf im Mai beträgt die Abschreibung im Anschaffungsjahr also nur 8/12 von 600 Euro = 400 Euro. Die restlichen 200 Euro stellen dann erst im vierten Jahr eine Betriebsausgabe dar.
Fazit:
Die neuen Sammelposten sind ziemlich gewöhnungsbedürftig und aus Sicht der Steuerpflichtigen durchweg ungünstiger als die bisherige GWG-Grenze. Außerdem wird die Buchführung durch die neue Grauzone wieder einmal bürokratischer. Andererseits: Wer die Logik verstanden hat, steht in dem ein oder anderen Fall sogar besser da als früher. Wer bei Beschaffungen umsichtig zu Werke geht, kann sogar darauf Einfluss nehmen, dass der Einkauf im jeweils günstigeren Abschreibungs-Topf landet.
Links:
- Die 150-Euro-Verbrauchsgrenze ist in Absatz 2 des Bewertungs-Paragrafen 6 des Einkommensteuergesetzes definiert.
- Die Sammelposten sind im neuen Absatz 2a desselben Paragrafen geregelt.
- Die Vorschriften über die lineare Abschreibung (= „Absetzung für Abnutzung in gleichen Jahresbeträgen“) finden Sie im Abschreibungs-Paragrafen 7 des Einkommensteuergesetzes.
- Die bis einschließlich 2007 geltende 60-Euro-Grenze für Verbrauchsgüter ergeben sich aus den Einkommensteuer-Richtlinien EStR 2005 (Bundesrats-Drucksache, PDF, 863 KB)
- Mit dem Grundprinzip der Abschreibung (= Absetzung für Abnutzung, AfA) und den damit einhergehenden Gestaltungsmöglichkeiten beschäftigt sich unser Grundlagenartikel Abschreibungen: Zumutung oder Segen?.
Erstveröffentlichung 27.05.2008
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