Ein Website-Projekt ist kein 100-Meter-Rennen. Damit Sie unterwegs nicht in die falsche Richtung laufen, brauchen Sie möglichst präzise Eckkoordinaten. Die besorgen Sie sich am besten mit einem Briefing.
Ohne vorher die Erwartungen und Wünsche Ihres potenziellen Neukunden in Erfahrung gebracht zu haben, können Sie schlecht ein individuelles Angebot abgeben. Zugegeben, Sie stecken da in einer Zwickmühle: Wieviel Akquiseaufwand, der eventuell für die Katz ist, investiere ich? Wieviel von meinem Know-how gebe ich ohne Bezahlung weiter? Darüber entscheidet auch, welche Hintergrundinformationen Sie durch eigene Recherchen in Erfahrung bringen können, wie Unternehmensgröße, Produktpalette, Branche, Konkurrenten.
Das alles lässt sich meist durch ein paar Minuten Surfarbeit zusammen tragen. Spätestens jetzt sollten Sie wissen, ob Sie da einen lohnenden Fisch im Visier haben. Greifen Sie also zum Hörer und vereinbaren einen Gesprächstermin. Zwei Stunden sollte der schon dauern.
Nun zu Ihren Vorarbeiten. Zwar gleicht kein Internetjob dem anderen, aber Gemeinsamkeiten gibt es schon. Die Website hängt nicht in einem luftleeren Raum, sondern ist zum Beispiel für bestimmte Zielgruppen und deren Bedürfnisse gedacht. Damit Ihnen nichts Wichtiges durch die Lappen geht, sollten Sie sich die Zeit nehmen und einen Fragebogen über alle Aspekte des Internetauftritts zu Papier bringen. Neudeutsch nennt sich das Dokument „Briefing“ (von engl. „brief“ = „knapp“). Kurz und knapp ist das aber nicht. Hier unser Vorschlag:
- Was ist die Philosophie/Strategie Ihres Unternehmens?
- Welche Ziele möchten Sie mit dem Internetauftritt erreichen? Zum Beispiel: Umsatzgenerierung durch den Direktverkauf von Produkten und Dienstleistungen? Bereitstellung von ausführlichen Produkt- und Service-Informationen (Produktbeschreibungen, Bilder, Animationen) zur Kostensenkung im Bereich Marketing und Vertrieb? Stärkung des Unternehmensimage? Generierung von Leads (Anfragen) zur Weiterbearbeitung für den Vertrieb? Bei mehreren Zielen empfiehlt sich eine Zielgewichtung.
- An welche Zielgruppen soll sich der Internetauftritt richten? Bitte nehmen Sie eine Priorisierung vor. Beispiele für Zielgruppen: Fachhändler, Presse, Endkunden?
- Welche Inhalte wollen Sie den Besuchern der Website anbieten? Zum Beispiel: Produktinformationen (Produktbeschreibungen, Bilder, Animationen, Grafiken), Services (FAQs, Downloads, Anfrageformulare).
- Welche Funktionalitäten sollen verfügbar sein? Shop, Produktkonfiguratoren, Chat-Modul, Differenzierte Fragebögen.
- Liegen die Inhalte bereits vor, und wenn ja, in welcher Form – beispielsweise als Broschüre, Excel-Liste, Datenbank?
- Möchten Sie die Inhalte später selbst pflegen und erweitern können?
- Sind Sprachversionen angedacht?
- Welches sind Ihre Hauptkonkurrenten auf dem Markt?
- Gibt es ein Alleinstellungsmerkmal?
- Wo sehen Sie Chancen zur Differenzierung gegenüber der Konkurrenz?
- Gibt es Gestaltungsrichtlinien (Styleguide, Corporate Design)?
- Liegen Printmaterialen oder CD-ROM-Produkte vor?
- Gibt es Seiten, die Ihnen als vorbildhaft für den eigenen Internet-Auftritt gelten beziehungsweise besonders gut gefallen?
- Gibt es eine klassische Werbeagentur, mit der Sie zusammenarbeiten?
- Welche Erfahrungen haben Sie bisher gemacht? Haben Sie schon einmal Marketingmaßnahmen im Internet umgesetzt?
- Wie soll der Internet-Auftritt in den Marketing-Mix integriert werden?
- Sind Werbemaßnahmen für den neuen Internet-Aufritt geplant?
Das Briefing hat auch einen Beratungscharakter. Weder Ihnen noch dem potenziellen Auftraggeber ist damit gedient, wenn nur das umgesetzt wird, was er sich vorstellen kann. Sie sind der kompetente Profi und das sollten Sie im Briefinggespräch rüber bringen, ohne jedoch mit Anglizismen und beeindruckendem Wortsprech Ihr Gegenüber mundtot zu machen. Lassen Sie ihn reden, die Briefingfragen sind ein roter Faden, müssen aber nicht Punkt für Punkt wie bei einem Marktforschungsinterview abgehakt werden. Wichtig ist zunächst, dass die Gesprächsbeteiligten auftauen und eine gute Atmosphäre herrscht. Antwortvorgaben können helfen, das Gespräch in Gang zu bringen, sind aber nur beispielhaft zu sehen.
Fragen zum Provider, Zugangsdaten oder den Ansprechpartnern sollten Sie hinten anstellen. Bekommen Sie den Zuschlag, kann das Briefing um diese Punkte komplettiert werden.
Übrigens: falls der potentielle Auftraggeber keine Zeit für ein persönliches Briefinggespräch findet, könnte das ein Zeichen für die mangelnde Priorität des Projekts sein. Daran sollten Sie sich bei der Erstellung des Angebots erinnern. Ein Briefing hilft Ihnen bei der Erstellung eines individuell auf die Bedürfnisse des möglichen Kunden zugeschnittenen Angebots. Damit unterscheiden Sie sich von der 08/15-Konkurrenz. Und Sie können eher, mit dem Verweis auf die im Briefing gemachten Angaben, höhere Preise durchsetzen oder einzelne Gewerke optional als Baustein anbieten. Fügen Sie bei der Abgabe des Angebots eine Kopie des Briefings bei.
Erstveröffentlichung 30.11.2006
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