Ein verhältnismäßig neuer Service aus Australien schickt sich an, die Zusammenarbeit zwischen Web-Designern und -Entwicklern und den eigentlichen Kunden, den Auftraggebern der zu erstellenden Websites drastisch zu verbessern. An die Stelle eines Wusts ungenauer E-Mails setzt der Dienst, der auf den interessanten Namen BugHerd hört, eine Bug- und Aufgabenverwaltung, die zentralisiert und asynchron funktioniert. Dabei ist das Melden von Bugs so einfach wie ein Knopfdruck. Wir haben uns BugHerd einmal ganz genau angesehen…
Webdesign: Projekt fertig? Denkste…
Puh, die Website ist fertig. Schnell noch hochladen und dann war’s das. Denkt der Designer. Der Kunde sieht nun seine neue Heimat in den Weiten des Netzes erstmals live und in Farbe und nicht nur in der Form von Wireframes und Mockups. Er legt los und besucht die Seite mit allen Browsern und Geräten, die ihm zur Verfügung stehen. Schnell wird er fündig und schreibt sich eine lange Liste echter und vermeintlicher Fehler von der Seele. Dabei weiß er nicht, dass es für den Designer schon wichtig wäre, mit welchem Browser, in welcher Auflösung welcher Fehler wahrgenommen wurde. Weitere Parameter spielen eine Rolle.
Nun geht es los. Der Designer oder Entwickler, noch schlimmer: das Designer- und/oder Entwicklerteam, versucht die Fehler zu verifizieren. Eine ganze Salve von E-Mails wird kreuz und quer durchs Weltennetz gefeuert. Es dauert nicht lange und die Verwirrung ist komplett. Weder Kunde noch Designer noch Developer sind noch Herr des Geschehens. Was ist behoben, was nicht? Was hätte gar nicht behoben werden müssen und ist jetzt schlimmer als zuvor? Haben wir auch nichts übersehen?
Wer einmal auf der Seite des Website-Schaffenden diesen Prozess erlebt hat, der will das für die Zukunft mit der höchstmöglichen Zuverlässigkeit vermeiden. Von daher ist es verständlich, dass sich das Genre der Software für das Bug-Tracking oder genereller das Ticketing von Problemstellungen in seiner Nische ganz gut entwickeln konnte. Wer so etwas nicht braucht, hat noch nie davon gehört, wer’s braucht, kennt ein halbes Dutzend Lösungen mehr oder weniger in- und auswendig. Designer kennen sicherlich weniger solcher Dienste als Entwickler…
BugHerd: Bug- und Tasktracking für Webdesign-Projekte geht andere Wege
Seit knapp zwei Jahren tummelt sich mit BugHerd ein weiterer Bugtracker im Markt. BugHerd, ersonnen und betrieben von der gleichnamigen Firma aus Australien, geht dabei einen fast schon revolutionären Weg. Das Tracking-Interface nämlich legt sich direkt über die Website, für die Bugs und sonstige Änderungsbedarfe erfasst werden sollen.
BugHerd wird entweder über ein JavaScript-Snippet im Head der zu trackenden Site initialisiert oder über eine eigene Browserextension, die für Chrome, Firefox und Safari zur Verfügung steht. Direkt nach der Installation der Extension fragt diese nach dem ersten Projekt, beliebig viele können verwaltet werden. Anwender der selbstgehosteten Varianten der CMS-Systeme WordPress, Drupal und Expression Engine können BugHerd auch per Plugin in ihre Seiten integrieren.
BugHerd ist aktiv: man erkennt es an der Sidebar rechts im Bild
Unabhängig von der Art der Integration funktioniert das eigentliche Tracking immer gleich. Auf der zum Projekt erklärten Website wird rechtsseitig eine Sidebar eingeblendet, deren zunächst wichtigster Bestandteil der viereckige grüne Plus-Button ist. Klickt man diesen Button an, kann man ein Element auf der angezeigten Website anklicken und so zum Zielelement einer Reklamation erklären. Bezieht sich die einzureichende Beschwerde nicht auf ein einzelnes, konkret wählbares Element, besteht auch die Möglichkeit, die ganze Seite zu hinterlegen.
Bug-Tracking mit BugHerd: So geht’s!
Im sich nun öffnenden Overlay beschreibt man textlich das Problem, wählt einen Schweregrad, der die Priorisierung des Handlungsbedarfs verdeutlicht und weist den Bug einem Team-Mitglied zu, so es denn solche gibt. Ansonsten kann eine Zuweisung auch unterbleiben. Die Möglichkeit der zusätzlichen Vergabe von Tags sorgt für eine Auffindbarkeit ähnlich gelagerter Bugs quer über alle Reports, sofern alle Nutzer diszipliniert taggen und vor allem gleiches auch gleich taggen.
Abhängig von der Zuweisung erscheint der so erfasste Bug nun entweder im Aufgabenbestand des Teams oder im eigenen Aufgabenbestand, dabei zunächst im Backlog. Das Backlog entspricht einer Art Posteingang, der zunächst alle Bugs sammelt. Hier muss sie dann jemand evaluieren und in einen anderen Status versetzen, als da wären Todo, Doing, Done und Closed. Bei entsprechend disziplinierter Vorgehensweise kann also im Team jederzeit nachvollzogen werden, welche Aufgabe welchen Status hat.
Zusätzlich zu den manuell erfassten Informationen im Rahmen des Bug-Trackings sorgt BugHerd automatisch für eine ganze Reihe weiterer Parameter, die beim Bug-Fixing entscheidend helfen können. So erzeugt BugHerd für jeden getrackten Bug einen Screenshot, der mit einem Location-Pin ausgestattet ist und so den genauen Ort des Problems zeigt und vor allem den Zustand der Site so darstellt, wie er zum Zeitpunkt des Auftretens des Bugs auch wirklich war. Vielfach erledigen sich Bugs ja immerhin schon durch andere, grundlegendere Layoutänderungen. Ebenso legt BugHerd weitere Informationen zur technischen Ausstattung des Bug-Melders ab. Für den Designer ist es regelmäßig von großer Bedeutung, mit welchem Browser in welcher Auflösung bei welcher Größe des Browserfensters der Fehler festgestellt wurde. Ebenso regelmäßig können ihm die Kunden das nicht sagen…
Weiterhin lässt BugHerd das Anfügen weiterer Dateianhänge zu jedem Task zu und bietet einen Kommentarthread zu jedem einzelnen Bug, so dass hier munter im Team oder in der Kommunikation mit dem Kunden diskutiert werden kann. Diese Form der asynchronen Kommunikation, direkt am Ort des Geschehens ist weit effektiver, als die abgekoppelte Hin- und Herschickerei von E-Mails, die erst wieder mühsam in Kontext gebracht werden müssen. Das Feature, Dateianhänge an den Task zu heften, erschließt ein Kollaborationspotenzial, für das man ansonsten weitere Dienste bemühen müsste.
Übrigens können Sie einstellen, ob die Feedback-Funktion, also die BugHerd-Sidebar öffentlich sichtbar sein soll, was sinnvoll ist, wenn Sie von jedem Besucher der Website Feedback einholen wollen. Oder, was der Regelfall sein dürfte, Sie schränken den Zugriff auf die Sidebar auf Personen ein, denen Sie per Invite Zugriff darauf geben. Tester, in der Regel aka Kunden, die nur die Möglichkeit haben sollen, Bugs zu melden, dürfen Sie in beliebiger Anzahl einrichten, ohne dass es sich auf die Kosten der Lösung auswirken würde. Hierzu ist allerdings die Integration des BugHerd-JavaScript-Snippets in die zu trackende Website unabdingbar. Die Browser-Extensions sind für vollwertige Team-Mitglieder reserviert. Wenn Sie mit Ihrem Kunden zudem direkt aus BugHerd heraus kollaborieren, ihm etwa die Möglichkeit geben wollen, Kommentare zu schreiben, dann müssen Sie ihn als vollwertiges Team-Mitglied einladen. Der Gastzugang reicht dafür nicht aus.
BugHerd: Noch mehr Funktionalität im Backend
Die gesamte Funktionalität bis hierhin steht direkt über die Sidebar auf der jeweiligen Website zur Verfügung. Klicken Sie in der Sidebar auf das ganz oben angeordnete BugHerd-Logo, werden Sie ohne Umschweife in das eigentliche Backend geleitet. Hier fühlen sich Freunde von Trello und anderen kartenbasierten Lösungen direkt heimisch. Denn hier werden die erfassten Bugs oder sonstigen Tasks von Karten repräsentiert, die man mit der Maus von Status zu Status bewegen kann. So sieht man schnell und auf einen Blick, welche Aufgaben in der Mache, welche schon erledigt sind und so weiter.
Über das Backend findet auch das Hinzufügen weiterer Team-Mitglieder und weiterer Projekte statt. An dieser Stelle finden Sie die bereits angesprochenen Tags, die mittels Klick alle Tasks filtern, die den entsprechenden Tag aufweisen. Damit lässt sich quasi eine Kategorisierung einführen, die unabhängig von den Hauptkategorien, die bei BugHerd stets einen Status repräsentieren, funktionieren.
Wollen Sie nicht nur Meldungen aus dem Team verarbeiten, sondern auch Personen ohne BugHerd-Account die Möglichkeit geben, Feedback zur Site zu hinterlassen? Hierzu wählen Sie im Backend den Punkt Guests und laden per E-Mail ein. Aktiv ist diese Möglichkeit allerdings nur, wenn Sie, wie weiter oben bereits erwähnt, das BugHerd-JavaScript in die entsprechende Site integriert haben. Feedback etwaiger Gäste wird nicht direkt ins Task-Board, also Ihre Hauptaufgabenlisten geschrieben, sondern zunächst im separaten Feedback-Bereich gesammelt. Von hier aus entscheiden dann Sie, ob die konkrete Meldung genug Substanz hat, um zum Task erhoben zu werden.
Neben dem Task-Board und dem Feedback-Bereich findet sich noch das Archiv, in welchem – Sie ahnen es schon – die erledigten Aufgaben archiviert werden. Das ist nicht nur von historischem Interesse, sondern hilft auch bei der Dokumentation der Aufgabenerledigung dem Kunden gegenüber.
Nun wird es im Design-Prozess nicht nur Aufgaben geben, die man als Bugs klassifizieren und an ganz bestimmte Design-Elemente oder einzelne Seiten hängen kann. BugHerd reagiert auf diesen Umstand mit der Möglichkeit, über das Backend frei Tasks zu erfassen. Das funktioniert im Prinzip identisch zum Bug-Tracking auf der Projekt-Website. Man gibt einen Text, eine Priorität, einen oder mehrere Tags, sowie einen Verantwortlichen an und speichert den Task entsprechend in der Aufgabenliste des für zuständig erklärten Team-Mitglieds.
BugHerd ist in der Lage, verschiedene externe Dienste zu integrieren, allen voran das seit Jahren populäre Basecamp, aber auch einige andere, wie GitHub oder Zendesk. Bei der Basecamp-Integration werden Tasks aus BugHerd in Basecamp-Todo-Listen synchronisiert. Das ist nützlich, wenn man ansonsten hauptsächlich Basecamper ist, aber schon festgestellt hat, dass das Tracking von Design-Todos nicht die ganz große Stärke des Produkts aus dem Hause 37signals ist…
BugHerd: Moderate Preise, leider nicht für Einzelkämpfer
Natürlich hat BugHerd auch einen Nachteil, den man selbst dann nicht verschweigen kann, wenn man es wollte. BugHerd ist nämlich nicht kostenlos 😉 Grundsätzlich kann sich jedermann einen umfassenden Eindruck von der Leistungsfähigkeit des Dienstes machen, denn BugHerd steht für 14 Tage komplett kostenfrei mit allen Features zum Testen bereit. Es ist auch nicht, wie bei anderen zumeist üblich, erforderlich, bereits zum Start des Testzeitraums seine Zahlungsdaten zu hinterlegen. Vielmehr gibt man Name, Vorname, E-Mail und sein selbst gewähltes Passwort an und kann direkt und ohne Umschweife los legen. Das senkt die Hemmschwelle natürlich ungemein.
Selbige meldet sich nämlich noch früh genug und ganz von alleine, wenn man auf die Preise des Dienstes stößt. Die verschiedenen Preismodelle orientieren sich vornehmlich an der zu erwartenden Teamgröße. So kostet das kleinste Paket "Standard", das Teams mit bis zu 5 Mitgliedern unterstützt und 10 GB Platz für Dateianhänge bietet, 29 Dollar im Monat, mithin knapp 6 Dollar pro Nutzer und Monat. Drei weitere PLäne für Teams von 10 bis 50 Mitgliedern stehen bereit, wobei der absolute Preis von 49 bis 180 Dollar monatlich rangiert und der relative Preis pro Nutzer immer niedriger wird.
In Anbetracht der Tatsache, dass alle Tarife eine unbegrenzte Zahl von Projekten und eine unbegrenzte Zahl von Testern beinhalten, kann man nicht von überzogener Bepreisung sprechen. Im Gegenteil hat BugHerd das Potenzial, in Teams jeder Größe die eigenen Kosten über die zu erzielende Zeitersparnis locker wieder rein zu holen. Dennoch wird so manche kleinere Agentur schlucken, Einzelkämpfer fallen gleich ganz aus dem Raster. Das ist allerdings schade und ein unnötiger Verzicht auf ein großes Kundensegment, denn, wie wir alle wissen, Webdesign ist in seiner großen Masse das Werk von Einzelkämpfern. Vielleicht führt BugHerd ja doch noch einen Einzelkämpfer-Tarif ein. Monatlich 10 Dollar wären dafür durchaus angemessen.
Fazit: BugHerd ist grundsätzlich rundherum zu empfehlen. Es definiert die Kunde-Designer-Schnittstelle neu, sehr klar und sorgt so für einen beschleunigten Ablauf. Die Vollständigkeit des Feature-Sets, das aber auch nicht überladen, sondern sehr zielgenau abgesteckt ist, stellt sicher, dass es keiner weiteren Zusatzdienste bedarf, um Projekte erfolgreich abzuschließen. Insbesondere verhindert BugHerd effektiv das ansonsten übliche E-Mail-Chaos. Als Nachteil mag es sich in manchem Projekt erweisen, dass BugHerd derzeit nur englisch spricht. Nicht jeder Kunde wird das goutieren. Die Preise sind als moderat, jedenfalls als angemessen zu bezeichnen. Schmerzlich fehlt ein Einzelkämpfer-Tarif…