Es läuft was falsch im Internet, in Publikationen ebenso wie in Blogs. Jeder denkt nur noch an sich, an seine PageView und Erfolge. An Ziele und Quoten, der Besucher, der Surfer bleibt dabei auf der Strecke. Er wird zum Klickvieh degradiert und muss sich mit mehr nervigen Dingen herumschlagen als je zuvor. Und es wird schlimmer.
Ich muss da mal was loswerden. Mich ein wenig auskotzen. Tut mir leid, wenn dir das nicht gefällt. Aber manche Dinge sind einfach ärgerlich, weil sie nicht sein müssten. Nun sehe ich zwar häufig mit dem beruflichen Auge, da nimmt man manches anders wahr. Aber ich bin auch ein Leser und Websurfer und das treibt mich immer mal wieder zur Verzweiflung.
Ein bisschen Krieg ist immer
Ich verstehe jeden, der zu solchen Mitteln greift. Gründe gibt es immer. Der Traffic wird vielleicht nicht einmal abnehmen – im Gegenteil. Man kann sich seinen Besucherverkehr auch ertricksen. Vieles funktioniert, weil wir es uns gefallen lassen. So geht es zu im Leben. Aber wir müssen das nicht tun.
Immerhin hat das Netz schon einige heftige Auswüchse überlebt und hinter sich gelassen. Blinckenden Text oder Java zum Beispiel. Oder Flash. Aber das zuckt noch, da müssen wir nochmal mit dem Spaten drübergehen.
Namen nenne ich in der Regel nicht. Hier soll keiner angeschwärzt werden. Mein Wunsch ist, dass die Leute mehr über ihr Tun nachdenken. Fehler machen wir davon abgesehen alle und das auch genug. Hier kommt, was mich an Blogs am meisten nervt. Du wirst vieles wiederfinden, über das du dich schon geärgert hast.
Hier kommt, was mich an Blogs am meisten nervt.
1. Keine Verschleierung für Fehler – Lasst uns den 404-Error
Kein Fehler ist auch ein Fehler. Verwirrt? Ich kläre es auf. Ein 404-Fehler meldet der Webserver, wenn eine aufgerufene Seite nicht vorhanden ist. Das kommt schnell mal vor und ist bei größeren älteren Websites eine geläufige Erscheinung. Selbst bei guter Pflege in den besten Häusern kommen diese Meldungen vor.
Der Grund für ihr Vorkommen ist selbst zwar nicht positiv, aber die Meldung als solche ist es. Weil sie uns das Problem überhaupt erst sichtbar macht, weil sie es erklärt, weil sie auf mögliche Ursachen aufmerksam macht. Wer die Fehlermeldung grundsätzlich tilgt, nimmt uns diese Möglichkeit.
Warum tut jemand das? Man möchte seinen guten Traffic retten. Der Seitenbetreiber weiss genau, dass es Fehler gibt, viele Fehler möglicherweise. Das wird Besucher in die Flucht schlagen – zurecht. Aber das will er vermeiden. Also lenkt er seine Besucher heimlich und ohne ein Wort auf die Startseite, wenn etwas aufgerufen wird, das nicht mehr vorhanden ist oder wo Schlampigkeit einen Seitenaufruf verhindert.
Wenn jemand zu viele Fehler hat, dann soll er sie gefälligst reparieren. Ist das peinlich? Muss es nicht sein. Nutze die Situation und bringe die Dinge in Ordnung. Fehler zu haben und es zu wissen, sie dann aber zu verstecken, ist unredlich.
Nur in Ausnahmefällen ist das Umbiegen der 404-Fehlermeldung in Ordnung. Im Regelfall, und um den geht es hier, sollte man dem Besucher diese Orientierung nicht nehmen. Stehe zu deinen Fehlern. Auch wenn diese simpler technischer Natur sind.
2. Lasse Grafiken nicht auf sich selbst verlinken
Es ist eine üble Unsitte, die wohl daher rührt, dass WordPress, als Marktführer, diese Option als Standard vorsieht. Fügt man ein Bild in einen Text ein, wird automatisch ein Link auf das Originalbild gesetzt. Egal, ob ich ein Thumbnail verwende oder die Originalgröße. An der Stelle beginnt der Frust. Diese Verlinkung ist zu nichts gut.
Was habe ich davon, wenn ich die Grafik, die ich gerade in einem Artikel sehe noch mal auf einer Extraseite separat zu sehen bekomme? Gar nichts natürlich. Noch enttäuschender wird es, wenn die dann gezeigte Grafik sogar noch kleiner ist, man also weniger sieht, anstatt wie erwartet ein bisschen mehr. Das kommt durchaus vor, nämlich dann wenn die eingebettete Grafik mit HTML aufgeblasen wurde. So enttäuscht man auch genügsame Leser.
Bei einem Thumbnail ergibt das noch Sinn. Hier wäre der Einsatz eines Lightbox Plugins allerdings nutzerfreundlicher. Zumindest dann, wenn man öfter oder grundsätzlich so arbeitet.
Viel muss man gar nicht tun, um es richtig zu machen. Einfach beim Einfügen der nächsten Grafik darauf achten (rechte Leiste). Bequemerweise merkt sich WordPress die letzte Einstellung solange, bis man erneut Hand anlegt.
3. Zu viel Werbung finden wir alle scheiße
Genauso wie die GEZ, wie die Umweltverschmutzung, wie Krieg und Gewalt. Die Sachen werden aber trotzdem gemacht. Wieso eigentlich?
Weil es immer jemanden gibt, für den es sich lohnt. Selbst wenn viele dagegen sind, wechseln immer noch oder gerade deswegen genügend Taler den Besitzer.
Ich gebe es zu, mit Werbung habe ich ordentlich Geld verdient. Ich habe natürlich teilen müssen und das meiste auch wieder ausgegeben. Aber schon deswegen kann ich der Werbung nicht grundsätzlich böse sein. Sie hat mir vieles ermöglicht. Weil sie funktionierte.
Das tut sie auch immer noch.
Aber sie wandelt sich.
Werbung ist kein Teufelszeug. Sie kann Bloggern Einnahmen verschaffen und unbekannte Projekte nach vorn spülen. Sie kann für Umsätze sorgen oder für einen signifikant steigenden Pegel im eigenen Portemonnaie. Wie soll man auf etwas aufmerksam machen, wenn es keine Werbung mehr gibt? Selbst Facebook hält immer öfter seine kalte blaue Hand auf.
Adblocker finde ich gut. Benutze ich deshalb auch. Benutzen viele. Weil es Notwehr ist. Anders ist es ja kaum auszuhalten. Schuld sind nicht diejenigen, die mal ein Banner zeigen, sondern die, die nicht genug kriegen können und ihre Seiten vollstopften und zupflasterten und bekleistern, was das Zeug hält. Und zwar ebenso übertrieben wie hemmungslos. So läuft das seit langem. Gier ist ein mächtiger Antrieb. Die Gier ist schuld. Und die Optimierung. Und die Renditemaximierung.
Und dann die ganze Spionage. All die Daten, die man erhebt und sammeln und miteinander verknüpfen will. Profile macht man von Serienmördern, nicht von Websurfern. Advertising Agencies sind nicht das FBI, sie praktizieren solche Sachen aber trotzdem. Unsere Vorbehalte stören die nicht.
Wer auf Massenmedien unterwegs ist, fängt sich schnell etwas ein. Onlinemedien im Stile von Focus oder Welt sind die Hafenkneipen unserer Tage. Du kannst dort in deiner Vorstellung niedere Triebe ausleben. Aber wer sich nicht schützt, ist selbst schuld. User-Tracking ist die Syphilis unserer Zeit. Du bemerkst nicht, was du dir dort eingefangen hast.
Man hat es lange übertrieben und nun kommt die Quittung dafür. Der letzte Sargnagel wäre eine fixe Integration eines potenten Blockers in einen Browser. Das verspräche Marktanteile, denn dieser Browser wäre oft schneller als andere. Ein großer Teil der Surfer ist sich, da bin ich sicher, gar nicht über die Zusammenhänge zwischen Anzeigen, Tracking und Geschwindigkeit im Klaren.
Und wie es aussieht, ist der Browser schon da. Leider ist es Opera, ein Relikt vergangener Tage. Der wirds nicht schaffen. Aber er wird vielleicht einen anderen auf die richtige Idee bringen.
Wer zukünftig Werbung sehen wollte, der müsste es seinem Browser erst mitteilen. Wer würde das tun?
4. Dreckige englische Sprachreste im Theme
Ist jetzt nicht wirklich schlimm, zeugt aber von Nachlässigkeit. Oder Gleichgültigkeit. Schließlich versteht ja jeder Leser Englisch, da kann man das so lassen. Denkt die eine Hirnhälfte. Die andere weiß nicht, wie sie das Problem beheben kann. Und leider ist ja praktisch alles in Englisch, was man in Sachen Themes irgendwo kaufen und installieren kann.
Och nö, bitte gebt euch Mühe und übersetzt den Rest. Wenn das Theme es selbst nicht hergibt, dann lasst euch von Loco Translate helfen oder arbeitet in den Dateien.
Genauso doof ist das amerikanische Datumsformat. Lass es nicht unentdeckt. Es besteht schon ein Unterschied, ob du den 1/12 oder den 12/1 meinst. Der eine oder andere mag das vielleicht sogar absichtlich machen. Das ist für mich nicht immer zu unterscheiden. Aber wenn Absicht, dann bitte mit einem Schuss Ironie. Sag, was Sache ist. Keine Sprachverwirrungen mehr bitte.
5. Hast du eine Cookie-Leiste am Schuh, hast du eine Cookie-Leiste am Schuh
Cookie-Leisten sind virtuelle Hundescheiße. Überall surft man rein. Und die Dinger kommen immer wieder, egal wie oft du sie entfernst.
Supernervig, weil inzwischen häufig. Und das wird noch schlimmer kommen. Die Leisten haben nichtmal einen Ich-bin-nicht-einverstanden-Button. Es gibt nur zwei Optionen: nimm an oder lass dich volltexten. Na danke.
Was man als Blogger dagegen tun kann? Man braucht die Teile nur wegen Google. Nutze keine Cookie absondernden Google Dienste mehr. Das heißt, verzichte auf Google Analytics und AdSense.
Verwende Alternativen wie Piwik für die Besucherstatistik oder andere Dienste. Ein einfaches Plugin reicht doch meistens völlig aus. Als Besucher: Es gibt Browsererweiterungen wie Cookies OK, die Cookies automatisch akzeptieren und die Leisten so zum Verschwinden bringen. Teilweise zumindest. Ob das im Sinne der erfindungsreichen EU-Gesetzgebung ist, weiß ich nicht, auf jeden Fall sorgt es für Entspannung beim Surfen.
Aber vielleicht müssen wir ohnehin bald alle den Hinweis zeigen. Dann gibt es kein Entrinnen mehr. Danke EU.
6. Ich hab CAPTCHA – O Gott
CAPTCHAs, das ist der dunkle Hinterhof der Typographie. Oft optisch nur schwer unter Kontrolle zu bringen, das macht sie schwierig zu identifizieren. Sie sind so beliebt wie Geschlechtskrankheiten – werden aber dennoch immer wieder eingesetzt.
Als Nutzer fühlt man sich schon mal verarscht, wenn man auf CAPTCHAAs trifft. Es kommt einem vor, als würde es einem absichtlich schwer gemacht. CAPTCHAs sollen Bots und Skripte draußen halten. Das klappt zwar, aber das gelänge auch mit einfacheren Methoden, etwa Rechenaufgaben. Ein ungetümes drecks CAPTCHA muss es nun wirklich nicht sein.
7. Faule Anti-Adblockermaßnahmen
Es hat niemand etwas dagegen, wenn ein Blog sich an Stammleser wendet und diese bittet, den Adblocker zu deaktivieren. Das sollten die Leser dann auch tun. Fair geht vor. Die Sache sieht aber anders aus, wenn die Publikation vor Werbung kaum noch laufen kann. Dann ist ein Adblocker Notwehr und sämtliche Hinweise, Bitten oder Drohungen das Blocken doch zu unterlassen, müssen ins Leere laufen. Hebelst du ihn aus, wird sich jemand wehren.
Auch wer gleich zum Vorschlaghammer greift und sein Publikum mit Sperren traktiert oder aufklärerischen Vorschaltvideos drangsaliert, hat es nicht besser verdient und sollte eigentlich nie mehr angesurft werden. Denn so jemand stellt seine pekuniären Interessen über seine Leser.
8. PopUp Pest
Fenster aller Art gehen inzwischen wie Hooligans zu Werke. Immer druff auf jede Seite. Hier ist ein Wettrüsten im Gange. Und da jeder seine Liste promoten will, nimmt das Schnabelaufreissen immer heftigere Züge an. Dafür sorgen auch findige Programmierer, die sich für nicht zu schade sind und immer wieder Tricks einfallen lassen. Wer PopUps programmiert, würde auch Sprengstoff in Spielzeug verstecken, wenn er dafür bezahlt würde.
Neben dem klassischen PopUp, das mit Seitenaufruf geladen wird, gibt es weniger nervtötende Varianten. Beispielsweise das Roll-in, in diesem Fall stielt sich das Fenster unten rechts ins Bild hinein, oder die verbreiteten On-Exit-Popups, die erst erscheinen, wenn der Nutzer im Begriff steht die Seite zu verlassen. Erkannt wird das über die Mausbewegung.
Das funktioniert natürlich nicht immer und nie sicher, ist aber ein wenig verträglicher als das aggressive NormPopUp. Spaß macht es aber trotzdem nicht. Lies auch von Henriette Zirl: Lightbox Popups: Die neue Art zu nerven
Weniger Fenster wären besser für die Surfkultur. Doch danach sieht es zurzeit nicht aus. Jeder will sein Ding durchdrücken. Leider sind die dahinter stehenden Newsletter denn Einsatz oft gar nicht wert, sie sind nur laue Benachrichtigungen oder Werbeveranstaltungen in eigener Sache.
PopUps verhindern können wir nur, indem wir sie ignorieren. Würde niemand sie mehr benutzen, wäre der Spuk bald zu Ende. Aber das ist ein frommer Wunsch, den man ähnlich auch auf andere unschöne Dinge in dieser Welt übertragen könnte.
9. Tags für Dumpfleser
Die Verschlagwortung von Inhalten kann nützlich sein, um ähnliche Artikel schneller aufzufinden. In der Praxis wird das Tagging leider oft ohne Verstand betrieben. Tags werden als Keywords missverstanden und der komplette Artikel mitunter diesem Gedanken untergeordnet. Nur, was bringt das?
Die Tags sind anklickbar. Nutzt man sie, bekommt man eine Übersichtsseite zu sehen, auf der genau der Beitrag steht, den man doch gerade liest. Das passiert, weil die Tags willkürlich nach Gefühl gesetzt werden. Nicht aber im Zusammenhang, dazu müsste der Autor nämlich nachsehen, welche Tags bereits in Verwendung sind und sich das Erfinden neuer Tags solange versagen, bis er mehrere Artikel sinnvoll passend verschlagworten kann.
Ein typisches Beispiel für diese Praxis aus einer Jugendzeitschrift, die in Freiburg erscheint.
Locker mal eben 14 Tags + Autorenname sind dort Standard. Nur leider: Sechs davon, liebe Carmen, führen über eine Übersichtsseite wieder zum Artikel zurück. Sie bieten Umweg statt Mehrwert. Das ist sinnlos und frustrierend. So etwas passiert, wenn mehrere Autoren am Werke sind und jeder nach Gefühl und Laune taggen darf. Die Praxis sollte in einem Einzelblog zu vermeiden sein.
10. Sozialleisten
Solche Leisten brauchst du, wenn du dir einen Zuschuss von den sozialen Netzwerken erbetteln willst. Die Leiste signalisiert: Ich brauche Traffic. Und zwar dringend. Hast du mal nen Like?
Wer außerdem Besucher gerne willkommen heisst, und zwar von deinen Seiten, das sind Facebook und Konsorten, die immer gewinnen, denn jede Leiste ist gleichzeitig auch ein Link. Alles komplett sozial. Der real existierende Sozialismus im Web funktioniert andersrum als man ihn früher kannte.
Lass die nicht gewinnen!
Häng dich nicht an die Facebooknadel! Das kurze Vergnügen ist es nicht wert. Verzichten will keiner auf einen potenziellen Vorteil. Aber dann übertreibe es wenigstens nicht. Eine Leiste ist genug. Aber erst ganz ohne wird es richtig entspannt.
Die bunten Trümmer verschandeln das Gesamtbild deines Blogs. Wer Sozialleisten als einen Farbtupfer begrüßt, der sollte sich ein paar scharfe Hex-Codes zulegen – alles andere ist ein Armutszeugnis.
11. Pay with a … Fuck
Surfen macht keinen Spaß mehr, wenn man überall ausgebremst wird und auf bewusst gesetzte Stolpersteine trifft. Ich verstehe die Motivation, man will eben auch profitieren, und zwar direkt, nicht auf Umwegen. Aber erreicht man damit wirklich seine Ziele und nicht eher oft nur das Gegenteil?
Was mir schwer auf die Nerven geht, sind Ideen wie “Pay with a Tweet” (oder Like, Share, Post). Geht es noch ätzender? In diesen Fällen ist man gezwungen etwas in der Öffentlichkeit zu empfehlen, das einem zwar schmackhaft gemacht wurde, das man aber bislang noch nicht in den eigenen virtuellen Händen halten konnte. Verbreitet ist es bei Downloads von Fonts und UIs. Auf Adobes Designer Plattform Behance hat es sich übel ausgebreitet.
Aber warum sich darauf einlassen? Kann ich ohne Prüfung etwas empfehlen? Kann ich eben nicht. Und tue ich es trotzdem, dann verarsche ich meine Leser. OK, löschen kann man immer noch, aber wie viel ist das bei einem Tweet noch wert, der nach 6 Minuten eh durchgenudelt und tot ist.
Man kann das sogar noch mit einem PopUp Fenster kombinieren. Wie wäre es damit?
Gib mir dein Freebie. Wenn es gut ist, empfehle ich es. Aber sonst nicht. Nur so darf das funktionieren. Wir dürfen nicht zulassen, das die Sache umgekehrt wird. Denn dann wird jeder Dreck irgendwo von irgendwem empfohlen und weitergegeben. Gierige Marketinglappen wollen, dass es so wird. Dann steht Schein über Sein. Und das ist nicht gut.
12. Keine Fans für Fancy Bars
Sie sehen gut aus. Man sieht sie nicht häufig. Aber wenn man ihnen begegnet, dann ärgern sie einen. Hungrige Schwäne? Nein, originelle Scrollbars. Echt, sie sehen wirklich schick aus, sind halt mal was anderes. Obwohl es sie auch früher schon in bunt gab. Die heutigen Vertreter ihrer Art sehen nicht nur so aus wie Models, sie sind auch genauso magersüchtig.
Vielleicht denkt der Blogger sich, meine Leser benutzen so etwas gar nicht, die haben alle Tablets und Handys. Die wischen, aber scrollen nie. Und wer so modern ist, der legt Wert auf ein ästhetisches Äußeres und sei es im Browser. Und der Nächste sagt: Ich schreibe eh nur Fast&Junk-Content, da lohnen sich Balken nicht, bei mir gibt es eh nichts zu scrollen.
Oder die Altmodischen, die meinen: Wozu gibt es Tastaturen? Oder der Usabilitylegendenmißversteher: Der Surfer scrollt grundsätzlich nicht. Da braucht es keine Leisten. Im Gegenteil, der schicke Antiscrollbalken weist den Surfer farbenfroh darauf hin, dass er nicht richtig scrollen kann, selbst wenn er es versucht.
Schaltet das ab. Das brauchen wir nicht.
13. Es stört mich, nicht zu wissen, mit wem ich es zu tun habe
Anonymität spielt im Netz eine wichtige Rolle. Aber nicht unbedingt in Blogs. Was ich lese, möchte ich zuordnen können. Niemand sollte sich hinter seinen Worten verstecken. Außer, er muss es aus politischen Gründen tun.
Auch bei Hobbybloggern ist es mir egal. Meinetwegen kann jeder als Avatar seiner kühnsten Träume auftreten. Geschenkt.
Für unzählige Firmenblogs gilt das aber nicht. Sie wollen Marken aufbauen und Botschaften versenden. Das haut aber nicht hin, wenn man die Schreibenden schamhaft versteckt oder bisher nicht auf die Idee kam, publizierende Mitarbeiter als Menschen zu sehen.
Also bitte, zeigt euch. Auch wenn ihr hässlich seid. Und hey, wozu gibt es Photoshop? Wer euch liest, will euch auch ansehen, will wissen, mit wem er es zu tun hat, wessen Worten er gegenübersitzt. Nur so kann sich Vertrauen aufbauen, nur so kann eine Firma ein Gesicht bekommen.
14. Infografiken sollen Daten visualisieren, aber keine Artikel ersetzen
Es ist eine an sich geniale Idee öde spröde Zahlen visuell aufzubereiten, so dass man sie nicht nur versteht, sondern auch Zusammenhänge erkennt und sich die Resultate deshalb sogar merken kann – ein bisschen zumindest. Infografiken funktionieren und sind – wenn sie gut gemacht sind – auch deshalb seit geraumer Zeit erfolgreich. Hier bietet sich ein fast idealer Weg, Links einzusammeln, und das gibt, sofern alles gut geht, bestes SEO-Karma und süßen Extratraffic aus den Schokoladenecken des WWW.
Inzwischen scheint sich die Sache aber vielerorts erschöpft zu haben. Ich stoße auf immer mehr Infografiken, die aus Mangel an Ideen oder Daten, die man aufbereiten könnte, redaktionellen Text verwenden. Viel Text. Sehr viel Text. Text in einer Grafik. Oft auf bunten Hintergründen. Schließlich soll das Gebilde auffallen. Aber:
Fließtexte als JPG sind eine schlechte Idee und konterkarieren das Internet. So war das nie gedacht.
Hier ist so ein Exemplar (von Video Boost). Es ist ein Ausschnitt aus einer 7000 Pixel hohen JPG-Datei.
Diese Texte sind miserabel lesbar und erlauben keinerlei Zoom, um dem wenigstens minimal entgegenzusteuern. Sie können weder kopiert, noch durchsucht, noch indexiert, von Blinden vorgelesen werden. Sie sind all das, wofür das WWW eben nicht steht. Hier ist man auf Abwege geraten.
Wir tun gut daran solche Übertreibung nicht weiterzuempfehlen. Nicht jede Infografik ist gut, nur weil sie aufgeschickt daherkommt, bunt glänzt und über viel Text verfügt. Letzteres ist in Wahrheit Ausweis mangelnder Qualität.
Am Ende ist die Grafik dann auch nur ein Artikel, hübscher anzusehen zwar, aber mit bleischwerer Ladezeit und wahrscheinlich nicht besonders gut mobil geeignet. Auch solche Grafiken könnte man responsive machen, wie man das schon mit Logos tun kann. Doch wer will diesen Aufwand leisten? Und wozu eigentlich, wenn es doch auch viel einfacher ginge? Als Text eben. Also übertreibe es bitte nicht, sonst ist es, als würden wir alle nur noch Comics betrachten.
15. Umgekehrte Reihenfolge bei Kommentaren ist wie rückwärts essen
Was mich bitter nervt, ist eine umgekehrte Reihenfolge bei Kommentaren. Die neusten stehen dann direkt unter dem Post. Das klingt zuerst mal gar nicht doof, hat es aber in sich. Man ist es nicht gewohnt und deshalb irritiert. Kommt dann – viele Kommentare – vorausgesetzt – eine Paginierung ins Spiel wird es arg.
Ein besonders abschreckendes Beispiel habe ich beim Handelsblatt gefunden. Schon klar, es ist kein Blog. Der überwiegende Teil ist entweder Paid Content, Klickstrecke oder zu brisant für Leser mit einem eigenen Kopf, weshalb man erst gar nicht kommentieren darf. Nutzt man die Paginierung, wird man an den Anfang gespült, man sieht dort aber die falschen Kommentare, wenn man weiterlesen möchte, muss man erst runterscrollen.
Also klicken und scrollen, den Faden finden und das über mehrere Seiten. So wird es schwierig einer Diskussion zu folgen. Nicht auszuschließen, dass so etwas Absicht ist oder zumindest absichtlich nicht verbessert wird. Denn die System-, Groß- und Holzmedien wollen im Grunde keine Kommentare mehr, da sich Lesermeinung und Qualitätsjournalismus nicht mehr zur Deckung bringen lassen. Beim Handelsblatt kocht darüber hinaus ein unappetitlicher Bodensatz aus Idioten im eigenen Meinungssaft. Denen man so das Wasser abgegraben hat.
Wer zu nicht vorhandenen Kommentare runterscrollt wird trickreich automatisch auf die Startseite verfrachtet. Das nenne ich mal einen gepflegten Arschtritt für den Leser. Der gefälligst für mehr Klicks zu sorgen hat. Das ist seine Position. Qualitätsjournalismus gibt es nur, weil es Klicksklaven gibt. So verkauft man heute Werbung.
Deshalb meine Bitte: Lasst die Kommentarfunktion in Betrieb. Pflege sie. Das gilt auch für Pingbacks. Das Web braucht sie.
16. Besucher gängeln, um Page Views abzuziehen
Wer nur Klickvieh in seinen Besuchern sieht, der gängelt gern. Die Publizisten entscheiden, wer was wann zu sehen bekommt. Und bestimmt bei dieser Gelegenheit, welche Wege der Surfer nehmen soll und zu nehmen hat. Dessen Freiheit wird eh überschätzt, schließlich zahlen die Leute nichtmal was.
Marketingmenschen, BWLer und auf deren Lohnlisten stehende Programmierer denken sich aus, wie der gemeinen Websurfer am besten zu übertölpeln sei. Man will ihn leiten und zu Taten überreden, an die er selbst nie gedacht hatte. Manipulatoren in ihrer schäbigen Praxis. Sie wissen es besser als wir. Sie wissen, was wir als Nächstes tun sollen.
Du kennst die Praktiken von SPON bis Handelsblatt. Wer das Ende einer Seite erreicht, der wird automatisch auf die Startseite weiterverschoben. Toller Trick.
Wieder ein Klick mehr. Wieder etwas, was man den immer noch vorhandenen Werbekunden verkaufen kann. Ein Besuch macht den Kohl zwar nicht fett, doch was kommt da täglich wohl zusammen.
In dieselbe Kerbe schlägt die Idee der aktualisierten Startseite. Verbringt man nur ein paar Minuten darauf ohne Aktion, sagen wir, um mal aufs Klo zu gehen, erscheint prompt der penetrante Hinweis, die Startseite hätte sich geändert.
Mag sein, dass sie das getan hat. Glauben schenke ich dem nicht, eher läuft da ein Uhr und zählt die Sekunden. Und selbst wenn sich irgendwo eine Winzigkeit verändert haben sollte, was schert es mich denn?
Den Glauben, den das PopUp-Fenster erweckt, nämlich dass eine weitere großartige Geschichte auf der Startseite veröffentlicht worden sei, teile ich sowieso nicht. Inzwischen hat das Handelsblatt, das ich für mich gern mal Schwindelblatt nenne, auch noch eine Werbung in eigener Sache in das Hinweisfenster integriert. Geschäftstüchtig sind sie ja. Aber ihr nervt, Handelsblattler!
Auch schön, was sich die Journalistendarsteller des Focus haben einfallen lassen. Hier verwandelt sich der gerade gelesene Artikel urplötzlich in ein PopUpFenster und mutiert zur klickbaren Vorschau. Im Hintergrund dräut bereits die schon vorgeladene Startseite. So erzeugt man zusätzliche PageViews ohne das der Besucher Hand angelegt hat.
Ähnlich schlaue Leistungen können auch Normalverbraucher für ihre Blogs einkaufen. Da gibt es zum Beispiel den Bounce Booster. Was der kann? Diese fantastische Entwicklung kontrolliert den Zurück-Button deines Browsers.
Benutzt du den Knopf, um zu navigieren, was dein allerbestes Recht ist, denn es ist DEIN verdammter Browser – dann tritt der Bounce Booster in hinterhältige Aktion. Er fängt deinen Befehl ab und leitet dich auf eine Seite um, die vorher vom Blogger oder Seitenbetreiber definiert wurde. Du strandest auf einer sogenannten Landingpage. Dort findest du dann weitere Angebote vor, Werbung könnte auch dazugehören.
Ich finde das dreist und ungehörig. Die Software gibt es sogar als Plugin für das verbreitete WordPress. Es gibt nur ein Mittel dagegen: Triffst du auf Websites, die von solchen Zirkusnummern Gebrauch machen, besuche sie nie wieder. Wenn du Zeit hast, beschwere dich.
Beinahe versöhnliches Schlusswort
Ich verstehe jeden, der zu solchen Mitteln greift. Gründe gibt es immer. Der im Titel dieses Posts erwähnte Traffic, wird vielleicht nicht einmal weniger – im Gegenteil. Man kann sich seinen Traffic auch ertricksen. Vieles funktioniert, weil wir es uns gefallen lassen. So geht es im Leben.
Das waren meine 18 Punkte. Was bringt dich auf die Palme?