In diese Lage kommt man eher selten. Ich selbst habe in meiner aktiven Zeit drei Publikationen gekauft und bisher erst eine veräußert im Gesamtwert von rund 170.000 Euro. Das geht größer. Dennoch sind es Dimensionen, die jenseits des Tagesgeschäfts liegen. Das hat man nicht so oft.
Die meisten Leute stoßen ein Projekt ab, weil sie etwas Neues beginnen wollen. Ein Verkauf kann sich unter Umständen lohnen. Man versilbert sich den Abschied, wenn es nichts mehr zu schreiben gibt, wenn die Luft raus ist und man eh aufhören will. Auch der Kauf kann eine lukrative Sache sein. Das ist je nach Umstand besser, als das Blog langsam verrotten zu lassen.
Kleine Blogs lassen sich gut verkaufen, weil SEOs sie verwenden können. Backlinks lassen sich umleiten, Content kann eingegliedert werden. Das lohnt sich für beide Seiten. Viel herausschlagen kannst du aber nicht. Ein paar Hundert Euro … in der Richtung etwa. Bevor du also dein Blog einfach löschst, weil du es nicht fortführen willst, denke über eine Veräußerung nach.
Es gibt eine internationale Börse für Websites, sie heißt Flippa. Im deutschsprachigen Raum kommt für kleine Blogs der Anbieter Bloggerjobs in Frage. Du könntest es auch bei eBay versuchen. Ich rate dir aber davon ab. Die Wahrscheinlichkeit dort übers Ohr gehauen zu werden ist durchaus gegeben – auch wenn der Veranstalter durchaus seriös ist. Eher kommen als Käufer Kollegen in Frage oder Leute aus deinem Netzwerk. So kannst du sicher gehen, dass dein Blog in gute Hände gerät.
Der Erwerb eines Blogs kann durchaus interessant sein, schließlich spart man so eine Menge Zeit und Mühe für die Aufbauarbeit, kann sofort mit eigenen Ideen loslegen und das Haus zu neuen Höhen führen. Das hat definitiv seinen Wert. Gerade wenn ein Blog auch zum Geldverdienen genutzt wird, ist es wie ein Geschäft, wie ein kleiner Laden, der seinen Betreiber ernährt. Einen Nachfolger dafür zu suchen, ist ein üblicher Vorgang im Geschäftsleben, warum also nicht auch hier.
Als 2009 das unter Bloggern weithin bekannte Basic Thinking verkauft wurde, brachte es seinem Gründer Robert Basic 46.902 Euro, eine Menge Aufmerksamkeit und einen Artikel bei Spiegel Online ein. Inzwischen wurde das Blog auch von seinem neuen Besitzer weiter veräußert. Dennoch existiert es bis heute weiter.
Aber nur mal so gefragt: Welchen Wert hätte denn ein gut geführtes Blog? Sagen wir im Alter von fünf Jahren. Es kommt ganz drauf an. Gibt es passives Einkommen etwa durch Anzeigen, dann lässt sich daraus ein Wert errechnen. Aktives Einkommen in Form von Dienstleistungen ist schwieriger zu übertragen, der neue Besitzer müsste auch die Altkunden übernehmen. Unmöglich ist das aber auch nicht. Handwerksbetriebe machen es vor.
Was weiterhin für den Käufer zählen kann, sind die Verlinkungen auf das Blog, die Qualität des Contents, Bekanntheit, starke Social Media Kanäle, Traffic natürlich, eine lukrative E-Mail-Liste, eventuelle Kontakte zu Autoren oder Kunden. Es hängt davon ab, was ein Käufer mit dem Erwerb vor hat. Will er selbst das Zepter in die Hand nehmen und weiterbloggen? Oder geht es nur darum für eine Weile möglichst viel Geld aus der Sache herauszuquetschen.
Auch etwaige Nachteile sind ins Kalkül zu ziehen. Tragen die Leser des Blogs einen Verkauf, freuen sich möglicherweise sogar darüber in Aussicht auf neue Inhalte; oder ist damit rechnen, dass sie scharenweise abwandern? Möglicherweise sind Nutzerdaten gespeichert, etwa eines Newsletters, der Kommentarfunktion oder Produktverkäufe wegen. Solche datenschutzrechtlichen Fragen haben das Zeug dazu, Konflikte auszulösen.
Bedenke, dass dein Blog mehr oder weniger intensiv mit dir als Person verbunden ist. Wer verkauft schon sein Baby? Würdest du wirklich wollen, dass all das in fremde Hände kommt? Aber wenn man muss? Geht das überhaupt oder würden ohne den Showrunner auch die Leser verschwinden? Und was würden deine Leser und Fans von dir denken, wenn sie erfahren, was du vorhast?
Wenn du ernsthaft einen Nachfolger suchst, kein Kollegen sich als ansprechbar erweist und du in deinem Network keinen passenden Kandidaten ausmachen kannst, dann fahnde nach ihm in deinem Blog. Eine bessere Adresse dafür gibt es nicht. Obwohl – du könntest auch dir bekannte Bloggerkollegen bitten, darüber ein paar Worte zu verlieren – das kann Wunder wirken.
Noch ein Tipp: Was immer du vereinbarst und mit wem, ein Vertrag ist notwendig. Fast noch wichtiger: Lass dich niemals und unter keinen Umständen auf eine Ratenzahlung ein!
Eine Antwort
Ihre Text ist sehr informativ und nützlich.
Grüße Bernhard