Kein Unternehmen kann langfristig bestehen, wenn es keinen Gewinn erwirtschaftet. Diese Aussage ist trivial und Sie werden sicherlich sofort zustimmen. Aber sind Sie mit Ihrem Unternehmen noch in der Gewinnzone? Wie oft kontrollieren Sie das? Wie haben Sie Ihre Preise kalkuliert und wann das letzte Mal Ihre Kalkulation überprüft?
Controlling nur für die Großen?
Controlling-Abteilungen finden sich zwingend in Großunternehmen. Bereits in mittelständischen Unternehmen ist Controlling ein Feld, das sehr oft der Steuerberater irgendwie mit abzudecken hat. Sie als Kleinunternehmer denken vielleicht: „Wozu brauche ich das überhaupt? Ich bekomme doch sowieso alles hautnah mit.“
Hier kontrolliert der Chef noch selbst
Natürlich merken Sie, ob Sie Aufträge haben oder nicht. Was Sie aber vielleicht nicht immer richtig bemerken ist, ob Sie an Ihren Aufträgen wirklich Geld verdienen oder sogar in Einzelfällen Defizite produzieren. Controlling kann allerdings nur da stattfinden, wo eine Messgröße definiert wurde. Woran also messen Sie Ihren Erfolg?
Zielsetzung formulieren
Hier kommen wieder die Unternehmensziele zum Einsatz, deren Wichtigkeit Sie in Teil 1 der Serie bereits kennen gelernt haben. Haben Sie für sich noch keine klaren Ziele definiert, dann nehmen Sie das in Angriff. Um sich über Ihre Zielsetzung klar zu werden, ist es am sinnvollsten, zunächst einmal den IST-Zustand anzuschauen.
Erster Schritt: IST-Analyse
Falls Sie das noch nicht tun, führen Sie unbedingt eine Zeiterfassung ein. Protokollieren Sie, wie lange Sie an Kundenaufträgen tatsächlich arbeiten und vergleichen Sie diesen Zeitaufwand mit dem im Angebot kalkulierten. Dazu gibt es kostenlose Tools wie beispielsweise timeEdition http://www.timeedition.com/de/index.html.
Nicht produktive Zeiten
Halten Sie ebenfalls fest, wie viele Stunden Sie für Nebenarbeiten benötigen, die Sie nicht direkt in Rechnung stellen können, die aber natürlich in Ihrem Stundensatz einkalkuliert sein müssen.
Verwaltung
Als Einzelkämpfer schreiben Sie selbst Ihre Rechnungen, kaufen Bedarfsmaterialien selbst ein, gehen selbst ans Telefon und die Buchführung erledigen Sie wohl möglich auch selbst. Falls ein Mitarbeiter diese Jobs für Sie erledigt, wissen Sie ziemlich genau, was Sie das kostet. Aber, wie rechnen Sie Ihren eigenen Zeitaufwand? Auf jeden Fall wird hier Arbeitszeit verbraucht, die Sie in Ihre Preiskalkulation einbeziehen müssen.
Kundenakquise
Auch die Zeit, die Sie oder ein Mitarbeiter aufwendet, um Kunden zu gewinnen, muss in den normalen Stundensatz eingerechnet werden. Da geht es nicht nur um die tatsächlichen Kosten für Werbung sondern auch um Fahrtzeiten, Kundengespräche, Angebotserstellung, Zeitaufwand für den Besuch von Abendveranstaltungen, um Kunden zu gewinnen.
Putzen und Ölen
Ölen müssen Sie heute noch in den seltensten Fällen, aber so hieß früher beim Maschinenführer der Zeitaufwand für die tägliche Instandhaltung des Arbeitsgeräts. Auch für Computerarbeiter fallen Instandhaltungszeiten an: Die Tastatur oder der Monitor wollen mal gereinigt, die Festplatte aufgeräumt, die Daten gebackupt werden.
Aktualisierungen von Software und Hardware
Die regelmäßige Aktualisierung von Hard- und Software gehört dann schon zu den größeren Posten, die in längeren Zeitabständen ins Gewicht fallen. Aber auch hier sollten Sie den Zeitaufwand nicht unterschätzen, sondern mit in Ihre Stundenkalkulation einbeziehen.
Recherche- und Fortbildungsaufwand
Wie viele Wochenstunden reservieren Sie für Recherche und Fortbildung? In vielen Bereichen liegt der Fortbildungsaufwand bei 20 %. Das bedeutet, dass Sie allein um in Ihrem Feld immer up-to-date zu sein, mindestens 8 Arbeitsstunden pro Woche aufwenden.
Da Sie real wahrscheinlich mehr als 40 Stunden pro Woche arbeiten, sind auch die Fortbildungszeiten entsprechend länger. Hinzu kommen oftmals noch Gebühren für Kurse und Seminare oder für Fachliteratur, Zugänge zu Fachforen und ähnliches.
Tatsächlich abrechenbare Arbeitszeit
Wenn Sie nun die Zeit für all diese notwendigen Vor- und Nebenarbeiten von Ihrer Arbeitszeit abziehen, die Sie dem Kunden tatsächlich in Rechnung stellen können, kommen Sie vielleicht nur noch auf 20-30 Wochenstunden. Wenn Sie dann noch 10 Tage Urlaub, 10 Tage Krankheit abziehen, können Sie für die Kalkulation Ihres Stundensatzes 960 bis 1440 produktive Arbeitsstunden pro Jahr ansetzen.
Was muss nun mit dieser produktiven Arbeitszeit erwirtschaftet werden?
Betriebliche Fixkosten
Zu den betrieblichen Fixkosten gehören die Miete für die Büroräume oder auch Leasinggeräte, Gebühren für Heizung, Wasser, Strom, Telefon, Mobiltelefon, Fax, Internet, Betriebshaftpflicht und alle weiteren Kosten, die auch dann entstehen, wenn Sie keine Umsätze erzielen.
Gemeinkosten
Zu den Gemeinkosten gehören alle Kosten, die durch die Geschäftstätigkeit entstehen. Also Kosten für Büromaterialien, Verbindungskosten für Internet/Telefonie – kommt aber nur zum Tragen, wenn Sie keine Flatrate nutzen, sondern Telefon- und Internettarife mit Grundgebühr und Tarifeinheiten, Kosten für Fortbildungsmaßnahmen und so weiter.
Lohnkosten
Wenn Sie Mitarbeiter beschäftigen, fallen Lohnkosten und Lohnnebenkosten an. Sie sind verpflichtet für Ihre Mitarbeiter die Lohn- und Kirchensteuer sowie Sozialversicherungen abzuführen. Die Sozialversicherungen zahlen zur Hälfte Sie als Arbeitgeber, die andere Hälfte zahlt der Arbeitnehmer. Außerdem sind Sie verpflichtet, Ihre Mitarbeiter – auch geringfügig Beschäftigte – bei der für Sie zuständigen Berufsgenossenschaft gegen Unfall zu versichern.
Lebenshaltungskosten
Um Ihren Stundensatz zu ermessen, müssen Sie natürlich auch Ihren Unternehmerlohn mit einrechnen. Das geht am einfachsten, indem Sie Ihre Lebenshaltungskosten kalkulieren. Was benötigen Sie monatlich zum Leben und Wohnen inklusive aller Nebenkosten sowie für Lebensversicherung und für private Rücklagen.
Kranken- und Rentenversicherung
Als Unternehmer müssen Sie sich natürlich Krankenversichern und Sie sollten ebenfalls eine private Rentenversicherung besitzen. Auch diese Beträge wollen mit Ihrem Unternehmen erwirtschaftet werden.
Einkommensteuer
Liegt Ihr Unternehmergewinn in 2009 über dem Freibetrag von 7.834 EUR, müssen Sie Einkommensteuer zahlen. Das bedeutet fürs Folgejahr, dass Sie je nach Höhe des Gewinns vierteljährlich oder monatlich Abschlagszahlungen ans Finanzamt leisten müssen. Gerade bei einem gewerblichen Unternehmen mit mehreren Gesellschaftern, kann der Gewinn schnell über die Gewerbesteuerfreigrenze steigen.
Rücklagen bilden
Rechnen Sie also auf jeden Fall auch Rücklagen für Einkommen- und Gewerbesteuer ein, sonst folgt das böse Erwachen.
Mehrwertsteuer
Noch einmal zur Erinnerung: Die Mehrwertsteuer ist für Sie als Unternehmer ein durchlaufender Posten. Sie beträgt fast ein Fünftel Ihres Umsatzes. Diesen Teil müssen Sie abzüglich Ihrer Vorsteuer ans Finanzamt abführen.
Kalkulation Ihres Stundensatzes
Nun rechnen Sie all Ihre Ausgaben aufs Jahr hoch, schlagen noch die gewünschte Gewinnmarge darauf, zum Beispiel 10 % oder einen festen Betrag. Dann teilen Sie die Summe durch die Stundenzahl, so kommen Sie zu Ihrem Stundensatz.
Preiskalkulation
Wenn Sie nun Ihre Preise kalkulieren, rechnen Sie die Arbeitsstunden x Stundensatz und kommen so auf den Nettoangebotspreis. Falls Sie Fremdleistungen in Anspruch nehmen, müssen Sie diese plus Ihres Fremdleistungsgewinns in % einkalkulieren. Wenn Sie Freelancer beschäftigen, haben Sie den kompletten Koordinierungs- und Erklärungsaufwand. Der muss sich in Ihrem Fremdleistungsgewinn realistisch wiederfinden.
Ergebnis
Wenn Sie nun einerseits Ihre Preiskalkulation auf den Prüfstand gestellt und auch Ihren Stundensatz neu berechnet haben, können Sie feststellen, ob Sie tatsächlich mit Ihrer Preisgestaltung Geld verdienen. Vielleicht stellen Sie fest, dass Sie in der Vergangenheit oft zu wenig Zeit für Ihre Dienstleistungen in Rechnung gestellt haben beziehungsweise schon bei Ihren Angeboten zu niedrig kalkuliert haben.
Vielleicht stellen Sie fest, dass Sie einen wichtigen Posten vergessen hatten, den Sie nun ebenfalls einkalkulieren können. Insgesamt sollten Sie nach der Analyse wissen, welche Höhe Ihres Stundensatzes Sie bei wie vielen produktiven, also abrechenbaren Stunden pro Jahr realisieren sollten.
Bleiben Sie bei Ihrem Kerngeschäft
Ganz wichtig für Sie ist, dass Sie sich über Ihre Kernkompetenzen klar werden und wirklich nur die Leistungen anbieten, die Sie besonders gut und effizient erledigen können. Selbst dann müssen Sie heute in vielen Bereichen mit einer hohen Fortbildungsquote rechnen. Versuchen Sie sich aber auf vielen verschiedenen Geschäftsfeldern zu tummeln, werden Sie niemals einen zufriedenstellenden Ertrag erzielen, da entweder die Qualität oder die Effizienz leidet.
Was gehört noch zum Controlling
Zum Controlling gehört auch, dass Sie Ihren Unternehmenszweck immer wieder unter die Lupe nehmen. Wo müssen Sie sich anpassen? Was können Sie besser machen? Stimmt Ihre Ausrichtung noch? Und gerade bei einem kleinen Unternehmen kommt auch der Freude an der Arbeit ein hoher Stellenwert zu. Schließlich geht es nicht nur ums Geld verdienen, sondern auch darum mit dem zufrieden und glücklich zu sein, was man den lieben langen Tag tut.
(tm), (sl)
2 Antworten
Hallo, gleich in Ihren ersten Satz unter/magazin/betriebswirtshaft/… hat sich ein dummer Fehler eingeschlichen:
“ein Unternehmen kann langfristig bestehen, wenn es keinen Gewinn erwirtschaftet.” Sollte wohl heissen “kein Unternehmen…”
Ansonsten finde ich Ihre Infos wirklich super!
mfG
Alfred Beschle
Danke für den Hinweis. Da hat irgendwas das große K am Anfang gefressen. Ist korrigiert.