Mangelnde Professionalität und zu wenig innovative Formate kritisiert Mediaplaner Schönau bei den meisten populären Web 2.0-Sites. Für ihn wäre es ein Leichtes, Testbudgets bei Kunden loszueisen, nur darf die Werbeform nicht zu teuer sein.
Dr. Web: Herr Schönau, warum wirbt keiner auf Web 2.0-Sites?
Axel Schönau, Managing Director Globalmedia Deutschland: Das hängt davon ab, was man mit einer Kampagne erreichen will. Die Entwicklung neuer Werbeformen, etwa von VideoAds für eine Web 2.0-Umgebung ist so teuer, dass eine ROI-Betrachtung einer solchen Kampagne meistens schlechter ausfällt als bei klassischer Werbung auf Portalen. Bei Brandingkampagnen besteht das Problem, dass die Kunden exakt wissen wollen, wo ihre Werbung läuft. Da kann ich als Agentur nicht ins Risiko gehen.
Dr. Web: Also fragen Ihre Kunden gar nicht nach neuen Formaten auf den derzeit angesagten Sites?
Schönau: Doch das tun sie. Wir diskutieren jeden Tag darüber. Gerade wenn Unternehmen ein neues Produkt einführen oder eine Marke erzeugen wollen, gibt es Teilbudgets, die für Experimentes und Tests zur Verfügung stehen. Die Unternehmen wollen hier Innovationsführerschaft beweisen, auch mit neuen Werbeformen.
Dr. Web: Gibt es noch den klassischen Vorbehalt niedriger Conversion-Rates in Communities?
Schönau: Den gibt es, aber die Werber schauen inzwischen viel genauer hin, wer die User sind und was sie tun. Aber meistens treffe ich diese User auch auf den Portalen. Die Werber schauen aber auch genau hin, was ihnen die Werbung bringt. Die Web 2.0-Sites müssen schleunigst aufrüsten, neue Formate anbieten und gute Berichte mittels professionellem Tracking erstellen.
Dr. Web: Passen Web 2.0 und Werbung überhaupt zusammen?
Schönau: Eine sehr spannende Frage. Viele Fast Mover sind schnell wieder weg, wenn eine Site den Anschein erweckt, kommerziell zu werden. Viele Blogger wollen keine Werbung auf ihren Sites. Andererseits gibt es auf vielen Sites klar abgegrenzte Zielgruppen. Hier könnte zielgerichtete Werbung schon akzeptiert werden, aber Genaueres wissen wir nicht. Es gibt kaum Buchbares. Für uns wäre es ein Leichtes, Testbudgets bei unseren Kunden loszueisen, nur darf die Werbeform nicht zu teuer sein.
Dr. Web: Klicken die Web 2.0-Nutzer auf Werbemittel?
Schönau: Die Konversionsraten funktionieren auf klassischen Portalen gemessen am Preis immer noch besser. Auf innovativen Web 2.0-Sites müssen die Werber anders fokussieren und viel eher auf den einzelnen Nutzer schauen als auf die Einblendungszahlen. Schließlich geht es auch darum, Meinungsmacher zu adressieren, die eventuell als Multiplikatoren auftreten. Bei klar abgrenzbaren Zielgruppen stimmt aber die Conversion.
Dr. Web: Welche Erfahrungen hat Globalmedia mit Web 2.0-Werbung bisher gemacht?
Schönau: Wir haben eine Reihe eigener Tests durchgeführt. Vor allem das Ingame-Advertising scheint zu funktionieren, vor allem in der sehr interessanten Zielgruppe zwischen 12 und 28. Allerdings hat Spielewerbung auch eine Sonderstellung, denn hier kann den Werbenden genau kommuniziert werden, in welchem Umfeld ihre Werbung landet. Bei User-Generated-Content wie etwa auf Videoportalen funktioniert das nicht. Das Risiko einer ungünstigen Platzierung ist für die Agenturen zu hoch. Gerade hier müssen die Sitebetreiber sichere Umfelder für die Werbung schaffen.
Dr. Web: Gibt es auch technische Probleme?
Schönau: Allerdings, vor allem in Sachen Tracking und Reporting. Eigentlich dürfte das im Zeitalter des Zählpixels kein großes Problem mehr sein, da sich auch Web 2.0-Anwendungen, Videos und Flashinhalte zählen lassen. Dennoch zeigen die meisten neuen Sites hier noch Schwächen und weisen keine geeigneten Berichte aus. Viele scheinen das Thema Tracking noch gar nicht auf der Tagesordnung zu haben.
Dr. Web: Herr Schönau, vielen Dank für dieses Gespräch. ™
Erstveröffentlichung 07.09.2007
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