Das Gespräch beim Kunden ist gelaufen. Mit vollem Kopf und ein paar Dokumenten gehen Sie nach Hause und müssen in drei Tagen ein Angebot vorlegen. Doch was soll in das Angebot hinein? Und was wird besser weggelassen?
Angebote schreiben ist eine Gratwanderung. Zu viele Details verschrecken den Kunden womöglich, werfen erklärungsbedürftige Fragen auf, oder animieren ihn geradezu, zum gleichen Preis noch ein paar Anforderungen draufzulegen. Und mit einem detaillierten Angebot erspart man dem Kunden einen Großteil der Arbeit für das Erstellen eines Briefings. Damit kann der nun ohne großen Aufwand Konkurrenzangebote einholen und wenn er unfair ist, einfach Ihr Werk weiterleiten.
Doch welche Alternativen haben Sie zu einer ausführlichen Angebotsgestaltung? Wenn Sie es nur bei einem Satz wie „Erstellung eines Internet-Auftritts zum Preis von XY“ belassen, besteht die Gefahr, dass Sie sich irgendwann im Verlauf des Projekts in einer unangenehmen Diskussion mit dem Kunden über „mündlich vereinbarte“ Leistungen wieder finden. Um dies zu vermeiden und auch als Ihr Airbag für einen Rechtsstreit , sollten Sie deshalb die Spielregeln des Projekts in einem Angebot klar benennen. Damit fahren Sie auf lange Sicht besser als Ihre geheimniskrämerische Konkurrenz, die aufgrund mangelnder Vereinbarungen später mit Zusatzaufwänden aus der Ecke kommt und so Kundenunzufriedenheit programmiert. Dagegen kann Ihre transparente Angebotspolitik zu einem wichtigen Differenzierungsmerkmal werden, durch Kundenempfehlungen mit positiven Auswirkungen für das Neugeschäft.
Mögliche Bausteine eines Angebots:
Projektgegenstand
Halten Sie schriftlich fest, um was es bei dem Projekt geht, also die Erstellung eines neuen Internetauftritts, einen Relaunch oder ein Re-Design der Benutzeroberfläche mit gleichen Inhalten. Um dem Abschnitt etwas mehr Format zu geben, sollten Sie noch die Hauptmotivation des Unternehmens für das Projekt angeben (wirtschaftliche Ziele, Erhöhung der Benutzerfreundlichkeit, leichtere Pflege).
Umfang
Es kommt darauf an, was Sie aus dem Vorgespräch mit dem Kunden an Informationen extrahieren konnten oder bereit sind, als kostenlose Vorarbeit in der Akquisephase zu verbuchen. Doch falls Sie auch mit der Erstellung der einzelnen Inhaltsseiten betraut sind, müssen Sie sowieso die Navigationsstruktur mit Haupt- und Unterpunkten auflisten, um das Mengengerüst zu ermitteln. Zwei Vorteile hat eine Vorschau auf die spätere Navigationsstruktur. Erstens ebnet Ihre konkrete Vorarbeit den Weg zur Auftragsbestätigung – der Kunde hat das Gefühl, dass sich hier schon einer mit seiner Unternehmenswelt auseinander gesetzt hat – und zweitens erhöht sie in der Regel die Hürde, doch noch zu einem Konkurrenten überzulaufen. Zum anderen stecken Sie den Auftragsrahmen fest ab und können mit gutem Recht folgenden Satz anbringen: Sollten im Laufe des Projekts weitere inhaltliche Anforderungen seitens des Kunden hinzukommen, werden wir rechtzeitig auf etwaige Mehrkosten hinweisen.
Leistungsumfang
Im Leistungsumfang schlüsseln Sie das Projekt in seine einzelnen Gewerke auf. Bei der Erstellung eines Internetauftritt könnten das folgende Bestandteile sein:
1. Grafisches Konzept
Welche Seitentypen werden erstellt? Startseite, Standard-Inhaltsseite mit Elementen wie Fließtext, Bild mit Unterschrift, Liste, Formular-Anfrage, Sitemap.
Ein kluger Schachzug kann die Unterteilung des grafischen Konzepts in zwei Phasen sein. Demzufolge realisieren Sie zunächst das Leaddesign am Beispiel der Standard-Inhaltsseite. Das Leaddesign legt den visuellen Stil für die gesamte Seite fest. Zeigt der Kunde mit dem Daumen nach unten, müssen Sie „nur“ eine Seite neu erstellen. Wie groß wäre Ihr Frust und zeitlicher Verlust gewesen, wenn Sie schon alle Seitentypen durchdesignt hätten? Findet Ihre Pixelkunst beim Kunden Wohlgefallen, lassen Sie sich das schriftlich in Form eines Abnahmedokuments geben. Nun können Sie das grafische Konzept fertig ausarbeiten.
Vergessen Sie auch nicht zu erwähnen, wie viele Korrekturläufe inbegriffen sind und was Sie unter einem Korrekturlauf nach abgenommenen Leaddesign verstehen. Gemeint ist nämlich nicht ein komplett neues Screendesign, sondern punktuelle Änderungen, zum Beispiel ein anderes Aufzählungszeichen oder ein größerer Abstand zwischen Überschrift und nachfolgendem Text. Um Kunden vorzubeugen, die mal schnell vier unterschiedliche Screenstile erwarten, aus denen Sie dann einen auswählen können, sollten Sie im Unterpunkt „Varianten“ präzisieren, wie viele Styles Sie liefern. Fertig ist das Gewerk mit der schriftlichen Abnahme des grafischen Konzepts. Das gehört auch erwähnt.
2. Programmierung
Es ist zwar selbstverständlich, dass nur die unter Punkt 1 hervorgegangenen Seitentypen auch als Template umgesetzt werden, aber die Schriftform siegt. Macht Ihnen der Kunde keine Vorgaben, dann schreiben Sie rein, mit welchen Technologien (XHTML, CSS, PHP) Sie das grafische Konzept umsetzen. Immer gut ist der Verweis auf qualitätssichernde Maßnahmen, wie zum Beispiel die Validierung der Templates gemäß den Standards des W3C oder Browserkompatibilitätstests.
3. Seitenerstellung
Liefert der Kunde unstrukturierten Fließtext, der typografisch aufzubereiten ist und müssen Grafiken und Bild erst noch für die Verwendung im Internetauftritt aufbereitet werden, können Sie das in diesem Punkt als von Ihnen zu erbringende Leistung aufführen. Der Verweis auf das Mengengerüst (siehe Inhaltsumfang) ist allemal genauer als die Angabe einer geschätzten Anzahl von Seiten.
4. Endkontrolle
Auch wenn es eigentlich selbstverständlich ist, die Funktionalität der Site vor der Endabnahme durch den Kunden zu testen und orthografische Schnitzer, seien es eigene Übertragungsfehler oder die Rechtschreibschwäche des Kunden, auszubügeln, sollten Sie die Endkontrolle nicht einfach stillschweigend durchführen sondern extra im Angebot ausweisen.
Kosten
Nachdem Sie die Leistungsarten fein säuberlich beschrieben haben, können Sie nun Ihren Gesamtaufwand auf die Gewerke herunter brechen und getrennt ausweisen. Damit sind Sie preispsychologisch im Vorteil. Viele, optisch niedrige Einzelpositionen wirken „leichter“ als ein dicker Gesamtpreis. Und Sie zeigen an, wo der Kunde eventuell Einsparpotenzial hat, zum Beispiel in dem er einen Teil der Seitenerstellungsarbeiten selbst ausführt. Jeder mag Geschenke. Setzen Sie eine „0 Euro“ hinter die Endkontrolle, die Sie sowieso aus Ihrem Qualitätsverständnis heraus erledigt hätten.
Pauschalen oder Preis mit Stundenangaben?
Gerade wenn Sie noch unerfahren sind und Ihnen schlicht eine verlässliche Kalkulationsgrundlage fehlt sind Pauschalen besser. So schützen Sie Ihren Stundensatz, den Sie gerne in Folgeprojekten verrechnen würden, der aber aufgrund Ihrer momentanen Auslastung und der schmalen Referenzliste zunächst ein Wunschtraum ist. Oder aber Sie weisen Ihren Stundensatz selbstbewusst aus und geben einen „Sonderrabatt“, um wieder die Auftragssumme zu erreichen, von der Sie glauben, dass der Kunde Ihnen dafür den Zuschlag erteilt.
Zahlungsmodalitäten
Üblich ist eine Drittelung der Auftragssumme. Die erste Teilzahlung wird mit Projektbeginn fällig. Das ist fair, denn Ihnen entstehen ja auch sofort Kosten. Wann Sie die zweite Rechnung rausschicken, hängt vom Zeitplan, Ihrer Projektmethodik und den Meilensteinen ab. Publizieren Sie die Site erst auf einem Testserver und vergeht bis zum Go Live einige Zeit, wäre der Meilenstein „Publikation Testserver“ ein geeigneter Zeitpunkt. Die Schlussrechnung erfolgt prinzipiell nach dem Stapellauf und der schriftlichen Endabnahme durch den Kunden. Vergessen Sie nicht das Zahlungsziel anzugeben. Und vielleicht möchten Sie besonders schnäppchenhungrige Kunden mit der Aussicht auf ein zweiprozentiges Skonto bei sofortiger Zahlung locken?
Voraussetzungen
Hier gilt es die Spielregeln der Datenlieferung zu benennen, sich von rechtlichen Abklärungen zu schützen und deutlich zu machen, für welche Browserarten und Browsergenerationen der Internetauftritt optimiert wird. Der Passus könnte wie folgt lauten:
Folgende Voraussetzungen gelten, sofern nicht abweichend vereinbart:
Daten
Sämtliche Daten (Texte, Bilder, Logos, Grafiken, Schriften,…) werden in digitaler Form per E-Mail oder CD-ROM/DVD geliefert. Dateiformat für Texte: Word(.doc), Text (.txt). Dateiformat für Bilder und Grafiken: EPS (.eps), Photoshop (.psd), Compuserve-Gif (.gif), JPG (.jpg), TIFF (.tif), PNG (.png).
Kosten für die Aufbereitung nicht in elektronischer Form gelieferter Daten oder Daten, die in einem anderen Dateiformat vorliegen, werden gesondert nach Aufwand in Rechnung gestellt.
Bei der Verwendung gelieferter Daten wird davon ausgegangen, dass diese nicht mit Rechten Dritter belastet sind oder der Kunde über das für den Auftrag erforderliche Nutzungsrecht verfügt.
Browserkompatibilität
Der von XY erstellte Internetauftritt ist kompatibel für die Browser Internet Explorer 6.0 (und höher), Firefox 1.0 (und höher) und Opera 8.0 (und höher).
Zeitplan
Alles dauert länger als man denkt. Das gilt auch für Internetprojekte, wo insbesondere der Kunde oft die Zeit unterschätzt die er braucht um Inhalte zu erstellen oder Abnahmeprozesse durchzuführen. Ein Zeitplan mit Meilensteinen und Zuständigkeiten nimmt den Kunden in die Pflicht und verdeutlicht ihm, dass ambitionierte Go Live-Termine nur mit seiner Mitwirkung erreichbar sind. In der heilen Webworkerwelt gibt es natürlich nie Stress, aber wohl dem der belegen kann, dass die Verzögerung der Kunde zu verantworten hat. Der Zeitplan muss nicht immer tagegenau sein. Es reicht schon, wenn Sie schreiben, wie viele Werktage Sie für die einzelnen Gewerke benötigen, und der Kunde Zeit für Abnahmen und die Lieferung von Inhalten einplanen muss.
Verweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Damit Ihr Angebot nicht epische Ausmaße annimmt, hilft der Verweis auf Ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die mit der Auftragsbestätigung Vertragsbestandteil werden. Die AGB müssen einsehbar sein. Das können Sie elegant durch die Angabe eines Links auf Ihre Website lösen. Dadurch ersparen Sie sich und dem Kunden noch mehr Papierkram.
Zeitliche Befristung des Angebots
Erwarten können Sie eine Antwort unter „verkehrsüblichen Umständen“ (Beförderungsdauer und Überlegungszeit). Danach verliert das Angebot seine Gültigkeit. Mit dem Terminus „verkehrsüblich“ kann aber keiner etwas anfragen, also ist es besser einen Endtermin zu nennen, bis zu dem Sie sich an das Angebot gebunden fühlen.
Vorbereitete Auftragsbestätigung
Machen Sie es Ihren Kunden so leicht wie möglich. Die letzte Seite Ihres Angebots sollte eine vorbereitete Auftragsbestätigung sein, fertig an Sie adressiert, in der Kopfzeile die Adressdaten des Kunden, Felder für Datum, Name des Unterschreibenden in Druckbuchstaben und dem Firmenstempel und ein Satz wie „Gemäß unseres Angebots Nr. 000 vom TT.MM.2006 wird hiermit der Auftrag bestätigt.“
Erstveröffentlichung 07.08.2006