Zur Freude vieler Kleinunternehmer wollte die Bundesregierung das GmbH-Mindestkapital auf 10.000 Euro senken und Gesellschaftsgründungen ohne Notar ermöglichen. Davon ist in der jetzt vom Bundestag beschlossenen GmbH-Novelle keine Rede mehr. Übrig geblieben ist die „haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft“. Am Notar führt auch in Zukunft kein Weg vorbei.
Das „Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen“ (MoMiG) sollte die Gründung von Kapitalgesellschaften erleichtern und zugleich beschleunigen. Ob dieses Ziel durch die jetzt nach langem Gezerre vom Bundestag beschlossene Fassung der GmbH-Novelle zu erreichen ist, darf bezweifelt werden. Immerhin, wenn das Gesetz im Herbst (voraussichtlich am 1. November 2008) in Kraft tritt, wird es mit der „haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft“ erstmals eine Einsteiger-Alternative zur umstrittenen britischen Limited geben, die ganz ohne Stammkapital gegründet werden kann.
Die Neuregelung
Die wichtigsten Fakten im Überblick:
- Für die Gründung einer „richtigen“ GmbH ist auch in Zukunft ein Stammkapital von mindestens 25.000 Euro erforderlich. Lediglich die bislang vorgeschriebene Mindesteinlage von 100 Euro pro Gesellschafter wird abgeschafft.
- Neben der GmbH gibt es künftig die „haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft“. Diese „Kapitalgesellschaft ohne Kapital“ wird auch als Mini-GmbH, GmbH light oder 1-Euro-GmbH bezeichnet. Ein solches Unternehmen heißt dann zum Beispiel „InterSoft UG (haftungsbeschränkt)“.
- Um die Eigenkapitalbasis der Mini-GmbH zu stärken, dürfen die Gesellschafter in den ersten Jahren nur 75 Prozent des Gewinns entnehmen. Bis das Mindest-Stammkapital von 25.000 Euro erreicht ist, muss jeweils mindestens ein Viertel des Gewinns im Unternehmen verbleiben.
- Ist das Mindestkapital erreicht, kann die „UG“ in eine vollwertige GmbH umgewandelt werden. Vorgeschrieben ist das Umfirmieren allerdings nicht.
Ganz gleich, ob GmbH oder Unternehmergesellschaft, die notarielle Beurkundung der Gesellschaftsgründung wird auch in Zukunft erforderlich sein. Wer das im Gesetz enthaltene „Musterprotokoll“ der Gesellschaftsgründung und die „Musteranmeldung“ fürs Handelsregister verwendet, kann das Gründungsverfahren immerhin etwas vereinfachen.
Mit rund 100 bis 200 Euro sollen sich die Gesamtkosten der Anmeldung einer 1-Euro-GmbH künftig in erträglichen Grenzen halten.
Irrtümer & Missverständnisse
Es gibt zweifellos gute Gründe, sich für die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft zu entscheiden. Die unter Kleingewerbetreibenden und Selbstständigen weitverbreiteten Hauptmotive gehören jedoch nicht dazu:
- Durch die Haftungsbeschränkung bin ich vor Ansprüchen geschädigter Geschäftspartner geschützt und vor Verfolgung durch staatliche Stellen sicher.
- Falls mal etwas schief geht, verliere ich / verlieren wir schlimmstenfalls das Stammkapital.
- Als GmbH-Geschäftsführer bin ich mein eigener Angestellter, kann mir ein Gehalt zahlen und einen Teil meiner Sozialversicherungsbeiträge als Betriebsausgaben von der Steuer absetzen.
- Erst durch eine GmbH oder vergleichbare Kapitalgesellschaft habe ich / haben wir eine „richtige“ Firma, die im Geschäftsleben erstgenommen wird. „InterSoft GmbH“ klingt doch viel professioneller und vertrauenswürdiger als „Webdesign Max Mustermann“.
Der Schein trügt. Gerade weil Freiberufler, Einzelunternehmen oder auch Betreiber von Personengesellschaften (wie der GbR oder OHG) für ihre Geschäfte mit ihrem guten Namen ihrem gesamten Privatvermögen einstehen, genießen diese Rechtsformen unter Geschäftsleuten in der Regel ein höheres Ansehen als „windige“ Kapitalgesellschaften – erst recht solche, die ganz offensichtlich über gar kein oder nur ganz wenig Gesellschaftskapital verfügen.
Abgesehen davon:
- Eine GmbH haftet nicht nur mit dem Stammkapital, sondern dem gesamten Betriebsvermögen.
- Wer sich Geld leiht, muss dafür mit seinem Privatvermögen geradestehen – ganz gleich, welche Rechtsform das Unternehmen hat. Das ist zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben – die Kreditinstitute machen die Darlehensvergabe aber zu ihrer eigenen Sicherheit vertraglich von der Privathaftung (und oft genug sogar von Bürgschaften weiterer Personen) abhängig.
- Verstoßen Geschäftsführer und Gesellschafter gegen eine ihre zahlreichen Pflichten oder verursachen sie aus anderen Gründen vorsätzlich oder grob fahrlässig einen Vermögens- oder Personenschaden, dann helfen die Haftungsbeschränkungen ebenfalls nicht weiter, sie können dann trotzdem persönlich von ihren Gläubigern zur Rechenschaft gezogen werden.
- Bei Straftaten müssen die im Namen der Kapitalgesellschaft handelnden Personen auf jeden Fall ihren Kopf hinhalten.
- Gesellschafter-Geschäftsführer können zwar Angestellte ihrer eigenen GmbH sein – sie gelten jedoch nicht als normale Arbeitnehmer. Bei Ein- bis Zweipersonengesellschaften besteht in aller Regel keine Sozialversicherungspflicht. Und selbst wenn, laufen die Betroffenen Gefahr, die Beiträge ganz aus eigener Tasche zahlen zu müssen. Den erhofften steuerlich absetzbaren Zuschuss zur Sozialversicherung gibt es nur ganz in seltenen Fällen.
Weiterer großer Nachteil: Sowohl GmbH als auch deren kleine Schwester, die haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft, müssen ins Handelsregister eingetragen werden. Ganz gleich, wie groß der betreffende Betrieb ist und wie hoch die erzielten Umsätze oder Gewinne sind, müssen die Inhaber deshalb sämtliche Anforderungen des Handelsgesetzbuches erfüllen – inklusive kaufmännischer Buchführung, Gewinn-und-Verlust-Rechnung sowie Bilanzierung und der Pflicht, den Jahresabschluss zu veröffentlichen. Gegenüber der vereinfachten Buchführung bedeutet das nicht nur einen viel größeren Verwaltungsaufwand, auch die Steuerberaterkosten sind wesentlich höher.
Hinzu kommt, wer gute Geschäfte macht, wird seine schmalbrüstige 1-Euro-GmbH möglichst bald eine richtige GmbH umwandeln wollen. Die Kosten und Reibungsverluste einer solchen Umfirmierung sind nicht unbeträchtlich – denken Sie nur an den Neudruck aller Geschäftspapiere und den beträchtlichen Kommunikationsaufwand. Schließlich müssen sämtliche Geschäftspartner über die Änderung informiert werden.
Was spricht für die neue Unternehmergesellschaft?
Wenig. Wer eine Mini-GmbH gründet, outet sich von vornherein als finanziell schwach auf der Brust. Immerhin kann eine vollwertige GmbH bereits mit 12.500 Euro gegründet werden. Dieses Geld muss zudem, anders, als oft vermutet, nicht als eine Art Sicherheits-Rücklage auf einem separaten Konto geparkt werden, vielmehr darf das Stammkapital zum Kauf von Einrichtungsgegenständen, Maschinen oder Fahrzeugen verwendet werden. Umgekehrt können bereits vorhandene Wirtschaftsgüter unter bestimmten Umständen sogar als Stammeinlage anerkannt werden („Sachgründung“).
Die Gründung einer haftungsbeschränkten UG zeigt künftigen Finanzpartnern, dass der oder die Unternehmer über praktisch keine Eigenmittel verfügen und für die Folgen ihres Handelns nicht mit ihrem Privatvermögen geradestehen wollen. Entsprechend gering wird das Ansehen der zweitklassigen Kapitalgesellschaft sein. Andererseits:
- Wer auf das positive Image einer GmbH verzichten kann (zum Beispiel, weil er bereits feste Auftraggeber hat),
- kein Fremdkapital benötigt,
- auf die Schnelle ein Gemeinschaftsunternehmen gründen muss und
- sein Privatvermögen in gewissem Umfang vor den Folgen unverschuldeter geschäftlicher Wagnisse schützen will (zum Beispiel aufgrund von Fehlverhalten der eigenen Mitgesellschafter),
… für den kann sich die „UG (haftungsbeschränkt)“ durchaus als segensreich erweisen.
Und was ist mit der „Limited“?
Wie groß das Interesse finanzschwacher Unternehmer an einer Kapitalgesellschaft ist, zeigt der Run auf die britische Limited (Ltd.): Vor gut fünf Jahren hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass im Ausland gegründete Gesellschaften grundsätzlich auch in Deutschland zulässig sind. Zwar müssen in Deutschland erwirtschaftete Gewinne weiter in Deutschland versteuert werden – die Gründungshürden sind in England jedoch seit eh und je deutlich niedriger als hierzulande. Unter der Überschrift Webdesign LTD hat sich Dirk Metzmacher ausführlicher mit den Vor- und Nachteilen dieser Gesellschaftsform beschäftigt.
Alternative Schadensbegrenzung
- Klären Sie, welche Haftungsrisiken in Ihrer Branche bestehen und welche Gefahren sich aus einer Gemeinschaftsgründung ergeben. Informationen bekommen Sie zum Beispiel bei der IHK, Handwerkskammer oder Ihrem Berufs- oder Branchenverband.
- Prüfen Sie (am besten mithilfe eines Steuer- oder Unternehmensberaters), ob es für Ihre Zwecke eine geeignetere Rechtsform als die Unternehmergesellschaft gibt. Bei Freiberuflern bietet sich zum Beispiel die Partnerschaftsgesellschaft an. Mit deren Hilfe lässt sich die Haftung für Fehler von Geschäftspartnern begrenzen.
- Ganz gleich, für welche Gesellschaftsform Sie sich entscheiden: Regeln Sie bei Gemeinschaftsunternehmen die Rechte und Pflichten aller Beteiligten möglichst genau. Damit lassen sich zwar die Rechte externer Gläubiger nicht ausschließen – falls Sie jedoch für das Fehlverhalten eines Mitstreiters zur Rechenschaft gezogen werden, können Sie später immerhin versuchen, sich den Schaden von Ihrem Partner ersetzen zu lassen.
- Informieren Sie sich darüber, welche Risiken sich durch Haftpflichtversicherungen abfedern lassen. Neben der allgemeinen Betriebs-Haftpflichtversicherung gibt es spezielle Versicherungen gegen Vermögensschäden oder gegen Ansprüche aufgrund von Verbraucher- oder Umweltgesetzen. ™
Links zum Beitrag:
- „Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen“ (MoMiG): Entwurf der Bundesregierung (pdf, 980 KB)
- Änderungen in der vom Bundestag beschlossenen Fassung (pdf, 420 KB)
- Dr.Web: „Was bin ich“ im Geschäftsleben? Gesellschaftsformen im Überblick
- Dr.Web: Limited für Freiberufler: Webdesign LTD
- Dr.Web: Risiko-Vorsorge: Versicherung, Eigenvorsorge oder Prinzip Hoffnung?
Erstveröffentlichung 14.07.2008
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